Rz. 68

Gemäß § 3a Abs. 1 S. 1 UStG wird eine sonstige Leistung - vorbehaltlich der Abs. 2 bis 8 des § 3a UStG und der §§ 3b und 3e UStG - an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Diese Regelung erscheint auch in ihrer Neufassung seit dem Jahr 2010 von ihrer Konzeption und ihrem Standort her als Grundtatbestand der Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, ähnlich wie es beim Abs. 1 des § 3a UStG in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung der Fall war. Unionsrechtlich basiert die Regelung auf Art. 45 MwStSystRL.[1]

Tatsächlich stellt die Vorschrift des § 3a Abs. 1 UStG auch in ihrer Fassung ab dem 1.1.2010 lediglich einen Auffangtatbestand innerhalb der §§ 3a, 3b und 3e UStG dar[2], welcher erst zur Anwendung kommt, wenn keine der vielen Sonderregelungen der Abs. 2 bis 8 des § 3a UStG, des §§ 3b oder 3e UStG einschlägig ist. Erkennbar wird der Regelungszusammenhang des § 3a UStG bei einem Blick auf den Abs. 2 des § 3a UStG, denn daraus ergibt sich, dass bei Leistungen an Unternehmer immer ein anderer Leistungsort gilt. Der Qualifikation des Leistungsempfängers als "Unternehmer" oder "Nichtunternehmer" kommt mithin eine zentrale Bedeutung für die richtige Anwendung des § 3a UStG zu (Rz. 71). Für den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 1 UStG ist des Weiteren zu beachten, dass bei vielen sonstigen Leistungen wegen § 3a Abs. 4 UStG die Ansässigkeit des "Nichtunternehmers" im Unionsgebiet vorausgesetzt wird. Im Ergebnis existieren daher nur wenige Anwendungsfälle des § 3a Abs. 1 UStG (Rz. 93).

 

Rz. 69

Bedeutung kommt dem § 3a Abs. 1 UStG einerseits zu, weil einige andere Vorschriften des UStG auf ihn verweisen.[3] Ansonsten kommt die Vorschrift nur bei Leistungen an Endverbraucher (besser "Nichtunternehmer"; vgl. zu diesem "neuen" Begriff[4] Rz. 70) zur Anwendung, sofern keine Sonderregelung einschlägig ist; anders ausgedrückt hat sie die sog. business to consumer – B2C – Umsätze zum Gegenstand. § 3a Abs. 1 UStG ist grundsätzlich nur für solche sonstigen Leistungen anwendbar, bei denen der Leistungsempfänger kein Unternehmer oder ein ihm gleichgestelltes Rechtssubjekt[5] (Rz. 135ff.) und zusätzlich im EU-Gebiet ansässig[6] ist. In der Praxis dürfte sich der Leistungsort auch dann nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmen, wenn keine andere Sonderregelung greift oder eine nicht heilbare Unsicherheit über den Status des Leistungsempfängers nach § 3a Abs. 2 UStG besteht[7], denn dann fehlt es an den Voraussetzungen der Anwendbarkeit dieser Regelung; es handelt sich mithin auch um einen Auffangtatbestand. Das kann im Einzelfall zu interessanten Ergebnissen führen. So hat der BFH z. B. entschieden, dass dann, wenn der Leistungsort in einem anderen Mitgliedstaat durch den Leistenden "nichterweislich" sein sollte, aus dieser "Nichterweislichkeit" auf das Vorliegen eines inländischen Empfängerorts zu schließen ist und der Leistungsort damit nach § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen ist.[8]

 

Rz. 70

Die dazugehörige deutsche Verwaltungsanweisung in Abschn. 3a.1 Abs. 1 S. 1 UStAE hat – zur notwendigen Qualifikation des Leistungsempfängers der in § 3a Abs. 1 UStG genannten Rechtssubjekte – sogar den dem Umsatzsteuerrecht ansonsten fremden Begriff des "Nichtunternehmers" eingeführt. Der Leistungsort soll sich danach gem. § 3a Abs. 1 UStG nur bei Leistungen an:

  • Leistungsempfänger, die nicht Unternehmer sind;
  • Unternehmer, wenn die Leistung nicht für ihr Unternehmen bezogen wird, oder
  • nicht unternehmerisch tätige juristische Personen, denen keine USt-IdNr. erteilt worden ist,

richten (= Nichtunternehmer). Zusätzlich ist zu beachten, dass sich der Leistungsort bei sonstigen Leistungen an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, sofern die sonstige Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist, nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt.[9] Wichtig ist des Weiteren, dass § 3a Abs. 1 UStG im Anwendungsbereich bei vielen Leistungen auf im Unionsgebiet ansässige (nicht unternehmerisch tätige) Leistungsempfänger beschränkt ist (Rz. 92)[10], zudem existiert für digitale Dienstleistungen[11] an Nichtunternehmer in § 3a Abs. 5 UStG eine weitere Sonderregelung (Rz. 455ff.).

 

Rz. 70a

Da die Abgrenzung zwischen Unternehmern (sowie den ihnen gleichgestellten Rechtssubjekten) und Nichtunternehmern im Rahmen des § 3a UStG von erheblicher Bedeutung ist, empfiehlt sich zur Abgrenzung in der Tat die Verwendung der Terminologie des Nichtunternehmers, jedenfalls bei der Anwendung des § 3a UStG. Unionsrechtlich bedarf es eines solchen deutschen Begriffs wohl auch deshalb, weil hier durchweg von dem "consumer" gesprochen wird; m. E. treffender wäre deshalb der deutsche Begriff des "Verbrauchers" oder des "Endverbrauchers", denn letztlich geht es darum, die (richtige) Besteuerung des Endverbrauchs ...

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