Rz. 30

Sowohl § 3 Abs. 9a Nr. 1 als auch Nr. 2 UStG setzen für die Steuerbarkeit der unentgeltlichen Wertabgabe in Form der, Dienstleistungsentnahme Zwecke voraus, die außerhalb des Unternehmens liegen. Dies ist bekanntlich auch die Wortwahl des § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG bei der Gegenstandsentnahme. Damit ist typischerweise die bereits im Beispiel in Rz. 29 beschriebene private Veranlassung des Einsatzes unternehmerischer Mittel gemeint. Abschn. 3.4. Abs. 4 UStAE nennt als Beispiel die nichtunternehmerische Nutzung unternehmerischer Telekommunikationsgeräte. Auch hier findet aus privater Veranlassung eine Verwendung von dem Unternehmen zugeordneten und damit dem Vorsteuerabzug zugeführten Gegenständen statt. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts gibt es anstelle der privaten Sphäre den hoheitlichen Bereich, in den hinein die außerhalb des Unternehmens liegenden Zwecke verfolgt werden können. Als Beispiel dafür erwähnt Abschn. 3.4. Abs. 6 UStAE den Fall, dass ein gemeindliches Schwimmbad Schulen und Vereinen zeitweise unentgeltlich überlassen wird.[1]

 

Rz. 30a

Der BFH hat im Urteil v. 5.6.2014[2] entschieden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw durch eine Gesellschafter-Geschäftsführung für Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Betriebsstätte nicht für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, sodass § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht greift. Der Fall sei nicht vergleichbar mit den Fahrten eines Arbeitnehmers zu seiner Arbeitsstätte, die aus privaten Gründen stattfänden. Auch komme eine Gleichbehandlung mit den unter § 3 Abs. 9a UStG fallenden unentgeltlichen Beförderungen von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber nicht in Betracht, denn auch diese dienten den privaten Interessen der Arbeitnehmer. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hingegen suche seine Betriebsstätte aus unternehmerischen Gründen auf, denn er wolle dort Umsätze machen. Diese Sicht sei im Interesse des Neutralitätsgrundsatzes geboten.

 

Rz. 30b

Im Urteil v. 17.11.2022[3] kam der EuGH zu der Auffassung, dass keine unentgeltliche Leistung für unternehmensfremde Zwecke gem. Art. 26 Abs. 1 Buchts. b MwStSystRL vorliegt, wenn ein Unternehmer seinen Mitarbeitern im Rahmen eines von ihm eingerichteten Programms zur Auszeichnung und Belohnung der Mitarbeiter, die sich am meisten verdient gemacht und die besten Leistungen erbracht haben, Einkaufsgutscheine kostenfrei zur Verfügung stellt. Zwar dienen die Gutscheine dem privaten Bedarf des Personals. Im Vordergrund des Programms steht aber nicht dieser Bedarf, sondern die Steigerung der Leistung des Personals und das ist kein unternehmensfremder Zweck. Ähnlich hatte der EuGH schon in dem Urteil v. 27.4.1999[4], auf das er in dem Urteil v. 17.11.2022 verweist, argumentiert.

 

Rz. 30c

Das Urteil v. 17.11.2022 ist noch zu der Rechtslage vor dem Jahr 2019 ergangen, in der die Gutscheinregelungen gem. Art. 30a und 30b MwStSystRL noch nicht galten. Jetzt liegt unionsrechtlich in der Hingabe eines Mehrzweckgutscheins – wie im Ausgangsfall des EuGH – ein nicht steuerbarer Tausch von Zahlungsmitteln vor. Damit scheidet die Annahme eines steuerbaren Vorgangs gem. Art. 26 MwStSystRL und damit auch nach § 3 Abs. 9a UStG aus. Das hatte der BFH allerdings bisher schon so gesehen, s. BFH v. 15.3.2022.[5]

 

Rz. 31

Schwierig ist mitunter die Abgrenzung von unternehmerischen und nichtunternehmerischen Zwecken beim sog. Sponsoring, d. h. dann, wenn sich ein Unternehmer zur Erbringung von unentgeltlichen Dienstleistungen bereitfindet, von denen er sich einen gewissen Werbeerfolg für sein Unternehmen erhofft. Bei § 3 Abs. 9a UStG sind ebenso wie bei § 3 Abs. 1b UStG nur die wirklich unentgeltlichen Leistungen von Interesse, d. h. wenn das Sponsoring einen Leistungsaustausch darstellt, sind diese Vorschriften nicht einschlägig. Unproblematisch ist z. B. die unentgeltliche Bierprobe in einer Brauerei (§ 3 Abs. 1a UStG Rz. 55) oder der unentgeltliche Einsatz einer Pkw-Flotte als sog. VIP-Shuttle-Dienst durch einen Pkw-Hersteller oder -Vermieter bei einer internationalen Konferenz. Der Aufmerksamkeitswert hinsichtlich dieser Fahrzeuge ist sicher z. B. auch im Rahmen der Fernsehberichterstattung über die Konferenz so groß, dass eine private Veranlassung z. B. in Form der immerhin denkbaren Befriedigung persönlicher Eitelkeiten des Unternehmers oder der Unternehmensleitung keine Rolle spielt.

 

Rz. 32

Anders kann es aber z. B. sein, wenn ein Unternehmer dem Sportverein, in dem seine Kinder Mitglied sind, unentgeltliche Fahrdienste zu Sportveranstaltungen mit betrieblichen Fahrzeugen zur Verfügung stellt. Dann liegt es nahe, eine private Veranlassung anzunehmen, weil der Unternehmer über seine Kinder eine Bindung zu dem Verein hat, die das geschäftliche Interesse überlagert.

 

Rz. 33

Nicht selten kann es sich bei derartigen vermeintlich unentgeltlichen Vorgängen aber um entgeltliche Tauschvorgänge handeln: Die OFD Frankfurt[6] beurteilt die Fälle, in denen ein Unternehmer Kommunen, Vereinen oder Kirchen...

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