Rz. 17

Die seit 1968 als Form des Eigenverbrauchs in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG i. d. F. bis Ende März 1999 geregelte Verwendung eines unternehmerischen Gegenstands für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke wird vom ersten Tatbestand des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG erfasst. Verwendung bedeutet, dass ein dem Unternehmen zugeordneter Gegenstand körperlich eingesetzt wird zu einer Tätigkeit, der er üblicherweise im Unternehmen dient. Der in der Praxis sicher häufigste Anwendungsfall ist die Nutzung eines unternehmerischen Fahrzeugs für private Zwecke des Unternehmers (einschließlich eines eventuellen Unfalls). Bis zum Urteil des BFH v. 23.9.1993[1] erblickte man – in technisch kaum nachvollziehbarer Weise – auch in der Privatnutzung eines unternehmerischen Telefonanschlusses eine Gegenstandverwendung. Richtigerweise handelt es sich dabei aber – schon immer – um die Entnahme einer Dienstleistung, die unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG fällt, denn es kommt ja nicht darauf an, dass der Unternehmer den Hörer in die Hand nimmt, um ein privates Gespräch zu führen, vielmehr will er stets die Verbindung nutzen, die als Dienstleistung für das Unternehmen bezogen wird.

 

Rz. 18

Allerdings gilt seit dem 1.4.1999 die vorher nur im Verwaltungswege[2] aufgrund der Rechtsprechung des EuGH und des BFH gemachte Einschränkung, dass der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Diese Einschränkung findet sich auch bei dem Tatbestand gem. § 3 Abs. 1b UStG, in dem Entnahmen und bestimmte unentgeltliche Zuwendungen den entgeltlichen Lieferungen gleichgestellt werden.

 

Rz. 19

Warum der Vorsteuerabzug für den Gegenstand ggf. nur teilweise möglich war, spielt keine Rolle, d. h., es können sämtliche Ausschlussgründe des § 15 UStG vorgelegen haben. Wenn allerdings der Vorsteuerabzug teilweise möglich war und auch tatsächlich geltend gemacht wurde, gilt die Einschränkung hinsichtlich § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht. Bereits in Rz. 2 wurde anlässlich des BFH-Urteils v. 5.3.2014 darauf hingewiesen, dass es im Falle der nur teilweisen Geltendmachung des Vorsteuerabzugs systematisch richtig ist, in die Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 UStG nur Kostenbestandteile aufzunehmen, soweit sie vorsteuerentlastet sind.

 

Rz. 20

Voraussetzung ist, dass der Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet war (Rz. 8); nur insoweit, als dies gem. § 15 Abs. 1 UStG geschehen ist, kann überhaupt § 3 Abs. 9a UStG eingreifen, denn soweit ein Gegenstand nicht dem Unternehmen zugeordnet wurde oder wegen des Unterschreitens der 10 %-Grenze gem. § 15 Abs. 1 UStG nicht zugeordnet werden durfte, kommt eine steuerbare Verwendung später nicht in Betracht.

 

Rz. 21

Über dieses Tatbestandsmerkmal importiert die Vorschrift sämtliche Zuordnungsprobleme des § 15 Abs. 1 UStG in ihre praktische Anwendung. Insofern kann auf die Kommentierung des § 15 UStG verwiesen werden. Die Verwaltung hat dazu mit Schreiben v. 2.1.2012[3] und v. 2.1.2014[4] die vom BFH weiterentwickelte Rechtsprechung des EuGH in den UStAE – insbes. in dessen Abschn. 15.2c – aufgenommen. Leitend, wenn auch leider systematisch nicht durchweg überzeugend[5] war insbesondere das Urteil des EuGH v. 12.2.2009[6], dem der BFH in mehreren von ihm als Grundsatzurteile[7] bezeichneten Entscheidungen gefolgt ist. Dazu brachte das BMF v. 5.6.2014[8] noch eine besondere Regelung zum Vorsteuerabzug und zur Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen. Der Gesetzgeber hatte diese Verästelungen von Zuordnungsgebot, Zuordnungsverbot und Zuordnungswahlrecht zwar im Jahr 1999 gewiss nicht vor Augen, denn damals hatte der EuGH die Abgrenzung der wirtschaftlichen von der nichtwirtschaftlichen Sphäre noch nicht so herausgearbeitet. Es ist aber zu konzedieren, dass der Wortlaut des § 3 Abs. 9a UStG die Interpretation des Unionsrechts durch den EuGH "aushält". Dennoch treten systematische Brüche auf, die die Verwaltung von Amts wegen durch Billigkeitsmaßnahmen ausgleicht. Schon das belegt, dass es der EuGH-Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug an systematischer Konsistenz fehlt. Man sollte auch nicht verkennen, dass der EuGH mit einer derartigen Rechtsprechung die Praxis aufs Äußerste strapaziert und verunsichert. Es darf doch eigentlich nicht sein, dass ein so banaler Alltagsfall wie die gelegentliche oder regelmäßige Nutzung eines unternehmerischen Zwecken dienenden Fahrzeugs zu nichtunternehmerischen Zwecken oder seine Überlassung an das Personal nach 46 Jahren Mehrwertsteuer in Deutschland noch ein BMF-Schreiben im Umfang von sechs DIN-A4-Seiten (ohne die wiederholenden Anordnungen zur Änderung des UStAE) im BStBl erfordert,

 

Rz. 22

Das BMF v. 5.6.2014 erörtert zunächst auf der Grundlage von Abschn. 15.2c UStAE die Zuordnungsfragen, die den Vorsteuerabzug betreffen. Aus Billigkeitsgründen dispensiert es den Unternehmer vom Aufteilungsgebot, wenn er das Fahrzeug auch für eine nichtwirtschaftliche Verwendung i. e. S. gem. Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE einsetzen will. Dann hat der Unternehmer nach dem BFH-Urteil v. 3.3...

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