Rz. 1

§ 3 Abs. 9a UStG wurde durch Art. 7 Nr. 2 Buchst. c des StEntlGesetzes 1999/2000/2002[1] mit Wirkung ab dem 1.4.1999 in das UStG eingefügt im Zusammenhang mit der umfassenden Neuregelung der Umsatzbesteuerung unentgeltlicher Wertabgaben, die auch Anlass für die Schaffung von § 3 Abs. 1b UStG – unentgeltliche Gegenstandszuwendungen – und § 3f UStG i. d. F. bis zum 13.12.2019[2] – Ort der Umsätze gem. § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG – waren. Der Gesetzgeber wollte damit die bisherigen EG-rechtlichen Defizite bei der seit 1968 geltenden Eigenverbrauchsbesteuerung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG korrigieren. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG wurde zum 1.4.1999 aufgehoben.[3]

 

Rz. 2

Der am 1.4.1999 in Kraft getretene Text des § 3 Abs. 9a UStG enthielt auch noch den beim Gesetzestext als Fußnote abgedruckten S. 2 zur Nichtbesteuerung der privaten Nutzung von Fahrzeugen, für die der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1b UStG i. d. F. ab dem 1.4.1999 nur zu 50 % zulässig war. Weil dieser § 15 Abs. 1b UStG mit Wirkung ab dem 1.1.2004 aufgehoben wurde, musste § 3 Abs. 9a S. 2 UStG auch aufgehoben werden.[4] Allerdings gilt § 3 Abs. 9a S. 2 UStG ebenso wie § 15 Abs. 1b UStG über § 27 Abs. 5 UStG i. d. F. ab 1.1.2004 für die in der Zeit v. 1.4.1999 bis Ende 2003 angeschafften Fahrzeuge noch fort.[5] Im Urteil v. 5.3.2014[6] hat der BFH entschieden, dass die Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe bei der privaten Nutzung eines Pkw, für den in der Zeit v. 1.4.1999 bis Ende 2003 nur der hälftige Vorsteuerabzug zulässig war, ab dem 1.1.2004 nicht ausgeschlossen ist, wenn in dieser Zeit für Eingangsleistungen für den Pkw der volle Vorsteuerabzug geltend gemacht wird. Das entnimmt der BFH dem Wortlaut des § 27 Abs. 5 UStG und stellt sich damit gegen das Urteil des Niedersächsischen FG v. 15.12.2011.[7] Weil gem. § 10 Abs. 4 UStG die Kosten der unentgeltlichen Wertabgabe nur insoweit in die Bemessungsgrundlage eingehen, als sie vorsteuerentlastet sind, führt die Auffassung des BFH zum systematisch richtigen Ergebnis i. S. der in Rz. 5 erläuterten Zielsetzung des § 3 Abs. 9a UStG: Die AfA aus den in den Jahren 1999 bis 2003 nur zur Hälfte vorsteuerentlasteten Anschaffungskosten wird ab dem 1.1.2004 nur zur Hälfte angesetzt und damit kommt es nicht zu einer systemwidrigen Doppelbelastung.

 

Rz. 3

Durch Art. 4 Nr. 3 des Jahressteuergesetzes 2010[8] wurde in § 3a Abs. 9a Nr. 1 UStG folgender Satz angefügt: "Dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a durchzuführen ist." Gem. § 27 Abs. 16 UStG, der ebenso wie der neue § 15 Abs. 1b und § 15a Abs. 6a UStG auch durch das JStG 2010 in das Gesetz eingefügt wurde, ist der so geänderte § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG aber nicht anzuwenden auf Wirtschaftsgüter, die aufgrund eines vor dem 1.1.2011 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsgeschäfts angeschafft worden sind oder mit deren Herstellung vor dem 1.1.2011 begonnen wurde. Der eingangs abgedruckte Text des § 3 Abs. 9a UStG gilt somit ab dem 1.1.2011 mit den Anwendungsvorschriften des § 27 Abs. 16 UStG.

 

Rz. 4

Das deutsche UStG hatte die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie zur Gleichstellung bestimmter unentgeltlicher Dienstleistungen mit entgeltlichen Leistungen seit dem 1.1.1980 in nur unvollkommener Weise umgesetzt, weil insbesondere bei der Entnahme und bei der Verwendung von Gegenständen zu unternehmensfremden Zwecken gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG i. d. F. bis zum 31.3.1999 nicht zur Voraussetzung gemacht worden war, dass der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hatte. Vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 3 Abs. 1b UStG.

 

Rz. 5

Der systematische Zweck der Vorschriften zu den unentgeltlichen Wertabgaben, die aus einem Unternehmen in den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers oder eines Dritten erbracht werden, besteht in der Sicherstellung der gleichmäßigen Belastung des Endverbrauchs. Es darf unter dem Gesichtspunkt der umfassenden Verbrauchsbesteuerung nicht hingenommen werden, dass sich ein Unternehmer aus seinem Unternehmen selbst versorgen kann und damit, wenn nur entgeltliche Umsätze gegenüber Dritten steuerbar wären, besser stünde als der Verbraucher, der sich als Nachfrager am Markt seinen Bedarf aus der Hand von Unternehmern mit Umsatzsteuerbelastung erwerben muss.[9] Bei den Gegenstandsentnahmen gem. § 3 Abs. 1b UStG liegt es im Mehrwertsteuersystem zwar vielleicht nahe, den Selbstversorger (nur) durch eine Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs zu belasten.[10] Die dadurch hergestellte Belastungswirkung schafft aber nicht die anzustrebende gleichmäßige Belastung des Letztverbrauchs, denn der Marktpreis, den der Fremdversorger bezahlen muss, ist regelmäßig höher als die Nettokosten des Unternehmers beim Bezug eines Gegenstands oder einer Dienstleistung, mittels derer er die Wertschöpfung in seinem Unternehmen organisiert. Deshalb ist die Bemessungsgrundlage für die u...

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