Rz. 7

Die Rechtsfolgen von Mehrzweck-Gutscheinen weichen von denen der Einzweck-Gutschein ab (s. a. § 3 Abs. 14 UStG Rz. 4ff.). Insbesondere ordnet das Gesetz für Mehrzweck-Gutscheine keine Vorverlagerung der Umsatzsteuer auf den Zeitpunkt der Übergabe des Gutscheins an. Die Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins führt damit nicht zur Entstehung der Umsatzsteuer.

 

Rz. 8

Nur die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 UStG.[1] Jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Da der Mehrzweck-Gutschein selbst umsatzsteuerlich irrelevant ist, bestimmt sich der Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung nach den allgemeinen Vorschriften (§ 3 Abs. 5a bzw. § 3a Abs. 1 UStG).[2]

 

Rz. 8a

Die Übertragung und Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins in der Vertriebskette stellt lediglich einen Tausch von Zahlungsmitteln dar. Der erkennbar im Namen des ausstellenden/übertragenden Unternehmers handelnde Vermittler erbringt im Zeitpunkt der Übertragung und Ausgabe eine grundsätzlich steuerbare Vermittlungsleistung. Eine grundsätzlich steuerbare Leistung an den ausstellenden/übertragenden Unternehmer liegt auch dann vor, wenn die Mittelperson Gutscheine im eigenen Namen ausgibt.[3]

 

Rz. 9

Wird ein Mehrzweck-Gutschein nicht eingelöst und die mit ihm verkörperte Lieferung oder sonstige Leistung nicht erbracht, wird keine Umsatzsteuer ausgelöst. Dies steht im Einklang mit der sog. Gutschein-Richtlinie (s. § 3 Abs. 13 UStG Rz. 3), die ausdrücklich nicht auf die Situationen abzielt, in denen ein Mehrzweck-Gutschein nicht während seiner Gültigkeitsdauer vom Endverbraucher eingelöst wird und der Verkäufer die für diesen Gutschein erhaltene Gegenleistung einbehält.[4]

Wird ein Mehrzweck-Gutschein vom Gutscheininhaber nicht eingelöst und verfällt er somit (z. B. wegen Ablaufs der Gültigkeitsdauer), ergeben sich hieraus keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen, da bei einem Mehrzweck-Gutschein die tatsächliche Leistungserbringung durch den leistenden Unternehmer erst in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Gutschein eingelöst wird. Die Nichteinlösung des Gutscheins hat allerdings Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage einer Vermittlungsleistung, wenn der auf den leistenden Unternehmer entfallende Entgeltanteil bei Nichteinlösung beim Vermittler verbleibt und das Entgelt für die Vermittlungsleistung sich erhöht.[5]

 

Rz. 10

Bemessungsgrundlage für die aufgrund des Mehrzweck-Gutscheins ausgeführten Lieferungen oder sonstigen Leistungen ist der Betrag, den der Käufer des Gutscheins für den Gutschein gezahlt hat, ggf. zuzüglich etwaiger Baraufgaben für den Erhalt der Leistung. Anders als bei Einzweck-Gutscheinen, bei denen das Entgelt bereits im Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen muss (s. § 3 Abs. 14 UStG Rz. 33 und Rz. 35), können Angaben über die Höhe der für den Gutschein erhaltenen Gegenleistung fehlen. Für diesen Fall wird § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG[6] geregelt, dass das Entgelt nach dem Gutscheinwert selbst oder nach dem in den damit zusammenhängenden Unterlagen angegebenen Geldwert bemessen wird, abzüglich der Umsatzsteuer, die danach auf die gelieferten Gegenstände oder die erbrachten Dienstleistungen entfällt.

Die Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen bestimmt sich nach den Regelungen in § 10 Abs. 1 S. 2 UStG. Wird ein Mehrzweck-Gutschein, der über Vertriebsketten übertragen wurde, vom Gutscheininhaber eingelöst und liegen beim leistenden Unternehmer im Zeitpunkt der Einlösung keine Angaben über die Höhe der vom Kunden an den letzten Unternehmer in der Vertriebskette gezahlten Gegenleistung vor, bemisst sich das Entgelt nach § 10 Abs. 1 S. 6 UStG. Haben der leistende und der gutscheinausgebende Unternehmer keine Vereinbarungen über die Höhe der Vergütung für die Vermittlungsleistung getroffen, ergibt sich diese aus der Differenz zwischen dem Gutscheinausgabepreis und dem Einkaufspreis des gutscheinausgebenden Unternehmers.[7]

 

Rz. 11

Wird ein Mehrzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde ausnahmsweise den Gutscheinwert zurückerstattet, so ergeben sich hieraus keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen, da lediglich ein Rücktausch von Zahlungsmitteln erfolgt.[8]

[4] Richtlinie (EU) 2016/1065 v. 27.6.2016, Erwägungen Nr. 12.
[6] § 10 Abs. 1 Satz 6 i. d. F.d. Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338.

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