Rz. 1

Die Vorschrift in § 3 Abs. 13 UStG definiert für die Zwecke der Umsatzsteuer den Gutschein. Nach dem mit Wirkung zum 1.1.2019 in Kraft getretenen[1] § 3 Abs. 13 UStG handelt es sich dann um einen Gutschein, wenn der Inhaber berechtigt ist, diesen an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen zu verwenden. Die Regelung gilt ausdrücklich nicht für Instrumente, die den Erwerber zu einem Preisnachlass berechtigen, ihm aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten.[2]

 

Rz. 2

Die zusammen mit § 3 Abs. 13 UStG neu eingefügten § 3 Abs. 14 und 15 UStG grenzen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine als von § 3 Abs. 13 UStG erfasste Arten von Gutscheinen voneinander ab und bestimmen den davon abhängenden Zeitpunkt der Steuerentstehung. Ein Einzweck-Gutschein ist danach ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrunde liegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Die Besteuerung erfolgt in diesem Fall bereits im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins. Alle anderen Gutscheine, bei denen im Zeitpunkt der Ausstellung nicht alle Informationen für die zuverlässige Bestimmung der Umsatzsteuer vorliegen, sind Mehrzweck-Gutscheine. Bei diesen unterliegt erst die tatsächliche Lieferung bzw. die tatsächliche Ausführung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer. Bei Mehrzweck-Gutscheinen wird die Besteuerung erst bei Einlösung des Gutscheins und nicht schon bei deren Ausgabe durchgeführt.[3]

 

Rz. 3

Diese Vorschriften dienen einer einheitlichen steuerlichen Behandlung von im europäischen Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen und setzen die Art. 30a, 30b und 73a MwStSystRL in der Fassung der sog. Gutschein-Richtlinie[4] in nationales Recht um, die bis zum 31.12.2018 erfolgen musste.[5]

Die Finanzverwaltung hat dazu mit Schreiben vom 2.11.2020[6] den UStAE um Abschn. 3.17 ergänzt. Die dort vertretene Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wird auf Gutscheine angewendet, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden.[7]

Bis zum Inkrafttreten von § 3 Abs. 13-15 UStG wurde die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen mangels entsprechender Regelung durch die MwStSystRL innerhalb der Europäischen Union unterschiedlich gehandhabt, was zu erheblichen Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung in grenzüberschreitenden Fällen führte[8] und die Ursache für die Ergänzung der MwStSystRL um eine harmonisierende Regelung zur Besteuerung von Gutscheinen darstellt. Das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften[9] setzt diese europäischen Vorgaben um und ergänzt die Besteuerungstatbestände in § 3 UStG um 3 neue Absätze sowie eine flankierende Regelung hinsichtlich der Bemessungsgrundlage bei Einlösung eines Gutscheins.

 

Rz. 4

Die Umsetzung der europarechtlichen Regelungen durch § 3 Abs. 13 bis 15 UStG ist eng am Wortlaut der Richtline ausgerichtet und setzt diese zutreffend um. Art. 30a Nr. 1 der MwStSystRL regelt:

"Gutschein" ist ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als Gegenleistung oder Teil einer solchen für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen und bei dem die zu liefernden Gegenstände oder zu erbringenden Dienstleistungen oder die Identität der möglichen Lieferer oder Dienstleistungserbringer entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.

 

Rz. 5

Primäres Ziel der europarechtlichen Kodifizierung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen ist die durch eine einheitliche Regelung erhöhte Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr.. Trotz der detaillierten Regelungen verbleiben im Hinblick auf die Rechtsanwendung etliche Fragestellungen offen (s. Kommentierung zu § 3 Abs. 14 UStG Rz. 28ff.). Das BMF hat hinsichtlich der für die Anwendung der Neuregelung auftretenden Fragestellungen ein Einführungsschreiben angekündigt.

 

Rz. 6

Die unionsrechtlichen Vorschriften verfolgen darüber hinaus weitere Ziele. Insbesondere soll den Grundsätzen einer allgemeinen, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionalen Verbrauchsteuer Rechnung getragen werden, um Inkohärenzen, Wettbewerbsverzerrungen, Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung zu vermeiden und die Gefahr von Steuerumgehung zu vermindern.[10]

[1] Art 30 Abs. 3 des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338.
[2] BT-Drs. 19/4455, 58.
[3] BT-Drs. 19/4455, 58.
[4] Richtlinie (EU) 2016/1065 v. 27.6.2016, ABl.EU L 177/9.
[5] BT-Drs. 19/4455, 58.
[7] BMF v. 2.11.2020, III C 2 – S 7100/19/10001 :002. Es wird – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht b...

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