Rz. 31

Gemäß § 27b Abs. 1 S. 1 UStG haben die mit der Prüfung (Nachschau) beauftragten Amtsträger das Recht zum Betreten der Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben. Sie dürfen insbesondere in diese Räume eintreten und sich zwecks Durchführung der Prüfung in ihnen aufhalten, wobei hiermit aber vornehmlich Geschäftsräume gemeint sind (Rz. 33).[1] Die Amtsträger dürfen sich dabei auch umsehen, sie dürfen also insbesondere die Art und Weise der Ausstattung der Geschäftsräume in Augenschein nehmen; ein Fotografieren der Räumlichkeiten und der Geschäftsausstattung dürfte m. E. in Ausnahmefällen zulässig sein (Rz. 35a).[2] Eine gezielte Suche nach bestimmten Unterlagen – etwa durch das Öffnen von Schränken oder Schubladen – ist allerdings in diesen Räumen nicht erlaubt, denn dies wäre eine Durchsuchung i. S. d. Strafprozessrechts[3], die im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau nie zulässig ist.[4] Als Faustregel gilt, dass eine derartige Durchsuchung immer einer richterlichen Anordnung – in Form eines sog. Durchsuchungsbeschlusses – bedarf, und zwar nicht nur, wenn es sich um Wohnräume handelt.[5]

 

Rz. 32

Konkret bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der begonnenen Umsatzsteuer-Nachschau (nach dem Betreten der Geschäftsräume) zur Vorlage eventuell erforderlicher Unterlagen oder Daten zunächst aufzufordern und darüber zu belehren ist, dass er gem. § 27b Abs. 2 UStG zu einer solchen Vorlage bzw. zur Inbetriebnahme der Datenverarbeitungsanlage verpflichtet ist (Rz. 81ff.). Die Amtsträger dürfen ohne das Einverständnis des Inhabers der Räume aber keine Behältnisse öffnen und keine Unterlagen sichten. Es ist z. B. ohne Zustimmung des Gewahrsaminhabers nicht zulässig, wahllos Ordner herauszuziehen und hineinzuschauen.[6] § 27b Abs. 1 UStG gewährt zunächst nur ein beschränktes Recht zum Betreten der Räume. Problematisch dürfte m. E. allerdings die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Sichtung der Daten des Unternehmers sein – § 27b Abs. 2 S. 2 UStG lässt ja die Inbetriebnahme der Datenverarbeitungsanlage zu –, denn es fragt sich, wie weit dieses Recht zur Sichtung geht. Natürlich darf der Prüfer nicht wahllos alle elektronischen Dokumente sichten, hier ist schon fraglich, ob ihm ein selbstständiger Lesezugriff gewährt werden muss (Rz. 82a). Richtig wird sich das Einsichtsrecht auf die Daten und vor allem die Zeiträume beschränken, die im Zusammenhang mit dem zu überprüfenden Sachverhalt stehen (Rz. 82). Die gleichen Einschränkungen gelten auch für Unterlagen in Papierform[7], sofern es sich nicht um Dokumente im Zusammenhang mit Dauersachverhalten handelt.

 

Rz. 33

Betreten werden dürfen dabei die üblichen Geschäfts- und Betriebsräume von Personen, die – so der Gesetzeswortlaut – eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben. Dies entspricht dem Begriff des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmers in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG und grenzt den Anwendungsbereich des § 27b UStG auch auf diese Personengruppe ein.[8] Bei den genannten Räumen handelt es sich allerdings nicht nur um solche, die dem allgemeinen Publikumsverkehr offenstehen, sondern auch um diejenigen Räume, welche nur dem Unternehmer und seinen Mitarbeitern offenstehen, wie etwa Büro-, Werkstatt-, Lager- oder Produktionsräume, denn auch hierbei handelt es sich um Geschäftsräume. Diese "Erweiterung" lässt schon erahnen, dass hier durchaus Fragen nach der Reichweite des Betretensrechts auftreten können.

 

Rz. 34

Könnten dagegen nur die dem "Publikumsverkehr" zugänglichen Räume betreten werden, dann bedürfte es u. U. gar nicht des § 27b Abs. 1 UStG (jedenfalls bei bestimmten Fallkonstellationen), denn der Prüfer könnte die Räume auch unerkannt (z. B. als Kunde) aufsuchen. Im Ergebnis wäre eine solche Beschränkung aber wenig praxistauglich, denn in vielen Unternehmen existieren keine frei zugänglichen Räume für nicht unternehmensangehörige Personen. Auch eine Beschränkung des Betretensrechts etwa auf die Büroräume wäre wenig sachgerecht. Schon der Gesetzeszweck der Vorschrift (Rz. 7ff.) – die Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung – verdeutlicht, dass sich die Finanzbehörde von dem wirklichen Zustand eines Unternehmens überzeugen muss, nicht nur von einem nach außen sichtbarem Verkaufsraum oder einem Büroraum. Im Übrigen wird im Folgenden noch zu zeigen sein, dass mit jeder weiteren Beschränkung alle sog. "gemischt genutzten Räume"[9] (Rz. 42ff.) nicht betreten werden dürften; gerade solche Sachverhalte beinhalten aber oft die prüfungswürdigen Fälle, in denen z. B. ein Unternehmen in seiner Gründungsphase nur in einem solchen "gemischt genutzten Raum" ausgeübt wird; § 27b UStG würde damit im Ergebnis leerlaufen. Auf der anderen Seite darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Schutz von Räumen in Deutschland einen hohen verfassungsrechtlichen Rang hat (Rz. 40ff.), was natürlich bei Eingriffen wie der Umsatzsteuer-Nachschau immer in die Entscheidung über die anzuwendenden Maßn...

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