Rz. 7

Der Zweck zur Schaffung einer Umsatzsteuer-Nachschau in § 27b UStG erschließt sich bereits aus dem Namen des der Vorschrift zugrunde liegenden Gesetzes, des "Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes". Er besteht in erster Linie in der Vermeidung und Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung. Aus der Sichtweise zum Zeitpunkt der Einfügung der Vorschrift galt dies wohl insbesondere für die Form des damals schlagwortartig so bezeichneten Umsatzsteuerkarussellbetrugs.[1] Die Vorschrift sollte also vornehmlich der Vorbeugung der Begehung dieser Taten und der Abschreckung solcher Tätergruppen dienen, die sich auf bestimmte (gravierende) Formen der Umsatzsteuerhinterziehung spezialisiert hatten.

 

Rz. 7a

Tatsächlich kommt die Umsatzsteuer-Nachschau aber in weitaus mehr Fällen zur Anwendung; sie wird bereits seit Jahren für die Überprüfung eines breiten Spektrums von Sachverhalten eingesetzt (Rz. 12). Anders ist die hohe Anzahl der in letzten Jahren durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschauen[2] kaum zu erklären (Rz. 12), sie dient vielmehr als ein allgemeines Instrument der Steueraufsicht (beschränkt auf die USt), was m. E. über den ursprünglichen Gesetzeszweck hinausgeht. Auch wenn man insoweit die weite Auslegung des Anwendungsbereichs der Regelung kritisch sehen kann, darf nicht übersehen werden, dass der Übergang zwischen Steuergestaltung, Missbrauch und Steuerhinterziehung fließend sein kann. Vor allem vom Schreibtisch aus lässt sich das oft im Vorfeld einer Maßnahme nicht erkennen, man darf die Anforderungen an das Vorliegen steuerlicher Unregelmäßigkeiten bei Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau daher nicht zu hoch ansetzen.[3]

 

Rz. 8

Der ursprüngliche Anlass der Tätigkeit des Gesetzgebers war vor allem der ab Ende der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts festgestellte Anstieg der organisierten und gewichtigen Umsatzsteuerbetrugsfälle, welche zu gravierenden Steuerschäden geführt hatten.[4] Die Bundesregierung sprach im Regierungsentwurf des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes (StVBG) sogar von der Gefahr der "Erosion der Steuerbasis".[5] Tatsächlich waren die festgestellten Steuerausfälle erheblich, die jeweils genannten Zahlen stellten aber zum größten Teil Schätzungen dar, so ging z. B. die Bundesregierung im Jahr 2001 von jährlichen Gesamtsteuerausfällen bei der USt von 20 Mrd. EUR aus[6], die Verantwortlichen der Durchführung eines Planspiels zur Einführung des generellen Reverse-Charge-Verfahrens nannten nur für die Karussellgeschäfte für Deutschland dagegen jährliche Steuerausfälle von 2,1 Mrd. EUR.[7]

 

Rz. 9

Die Begründung der Vorschrift durch den Gesetzgeber ergibt sich aus zwei Quellen. Zunächst ist der Bericht des Finanzausschusses v. 23.11.2001[8] zu nennen, in dem sich aber nur kurze inhaltliche Ausführungen finden. Zu den wesentlichen Punkten wird darin auf den vorhergehenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer allgemeinen Nachschau (§ 88b AO) verwiesen.[9]

 

Rz. 10

Die in Bezug genommene – zum Verständnis und zur Auslegung der Vorschrift wichtige – Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung[10] des nicht eingeführten § 88b AO lautet (abzusehen ist von der falschen Terminologie einer allgemeinen Nachschau) in ihrem zentralen Bestandteil wie folgt:

Zitat

Die Erfahrungen zeigen, dem Umsatzsteuerbetrug kann mit den bestehenden Regelungen der Außenprüfung (Umsatzsteuersonderprüfung, Betriebsprüfung) nicht ausreichend begegnet werden.

Die Außenprüfung muss angekündigt werden. Die Ankündigung gibt steuerunehrlichen Unternehmern die Zeit, Vorkehrungen zu treffen, um gegenüber den Steuerbehörden einen normalen Geschäftsbetrieb vorzutäuschen oder den Geschäftsbetrieb einzustellen. Die Steuerbehörden sind daher nach geltendem Recht nicht in dem notwendigen Maße in der Lage, sich ein zuverlässiges Bild über ein Unternehmen zu machen. Eine wirksame Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs macht die Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse eines Unternehmens erforderlich. Das FA muss in die Lage versetzt werden, sich insbesondere einen Eindruck über die räumlichen Verhältnisse, das tatsächlich eingesetzte Personal und den üblichen Geschäftsbetrieb zu verschaffen. Nur auf dem Weg ist es möglich, ordentliche Unternehmen von solchen zu unterscheiden, die in erster Linie dazu eingesetzt werden, den Fiskus zu schädigen.

Die allgemeine Nachschau ist keine Prüfung i. S. d. §§ 193ff. AO. Sie dient der zeitnahen kursorischen Kontrolle, die die Außenprüfung nicht verdrängen kann. Vertiefte Ermittlungen sind weiterhin einer Außenprüfung vorbehalten.

Die von der allgemeinen Nachschau betroffenen Unternehmen haben – wie dies bereits heute für den Bereich der Zölle und Verbrauchsteuern der Fall ist – die genannten Unterlagen vorzulegen.

Insbesondere um Erkenntnisse der Nachschau nicht zu gefährden, ist ein nahtloser Übergang von der allgemeinen Nachschau zu einer Außenprüfung zu ermöglichen, wie es für den Zoll und die Verbrauchsteuern auch möglich ist. Geben die getroffenen Feststellungen hierzu Anlass,...

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