3.2.1 Allgemeines

 

Rz. 35

Eine Verfehlung nach § 26a Abs. 1 UStG bedarf der Verwirklichung der objektiven und der subjektiven Merkmale des Tatbestandes. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es hier in subjektiver Hinsicht mindestens eines vorsätzlichen Verhaltens in Form des bedingten Vorsatzes[1] bedarf, das bloße fahrlässige Verhalten stellt § 26a Abs. 1 UStG nicht unter Strafe, was nach § 10 OWiG die Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tatbegehung wäre.[2]

Der Versuch des § 26a Abs. 1 UStG ist nicht strafbar, denn dieser kann bei Ordnungswidrigkeiten nur geahndet werden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt[3]; eine solche Regelung sieht § 26a Abs. 1 UStG aber nicht vor. Ein Versuch der Tat ist im Übrigen auch praktisch kaum denkbar, weil "der Versuch einer unterlassenen Steuerzahlung" kaum feststellbar ist, weil er sich weitgehend in der Vorstellung des "Täters" abspielt.

 

Rz. 36

§ 26a Abs. 1 UStG ist eine Steuerordnungswidrigkeit i. S. d. § 377 Abs. 1 AO, sodass zwar gem. § 377 Abs. 2 AO für allgemeine Steuerordnungswidrigkeiten die gesetzlichen Regelungen des 1. Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)[4] Anwendung finden, soweit die Abgabenordnung keine speziellen Regelungen vorsieht. Für § 26a Abs. 1 UStG gelten somit auch die allgemeinen Regelungen der Abgabenordnung, aus denen sich aber vor allem gesetzliche Zuständigkeiten ergeben (Rz. 200). Wegen des sehr weiten Anwendungsbereichs des Tatbestandes des § 26a Abs. 1 UStG (Rz. 38) erfolgt die Eingrenzung des Tatbestandes daher ausschließlich über die Regelungen des im Ordnungswidrigkeitsrecht geltenden Opportunitätsgrundsatzes (Rz. 76ff. und Rz. 204ff.).

 

Rz. 37

Hinzuweisen ist mit Blick auf den "neuen" § 26a Abs. 1 UStG noch darauf, dass dem sehr weiten Tatbestand durch die Inbezugnahme in § 25f UStG eine weitere Bedeutung zugekommen ist; darauf ist im Folgenden auch kritisch einzugehen (Rz. 90).

[1] Dolus eventualis; vgl. zum Begriff und vor allem zur Abgrenzung von der bewussten Fahrlässigkeit Fischer, StGB, § 15 StGB Rz. 11ff. m. w. N.
[2] Vgl. zum subjektiven Tatbestand des § 26a Abs. 1 UStG hier in Rz. 80ff.
[4] §§ 1 bis 34 OWiG.

3.2.2 Die Tatbestandsmerkmale des § 26a Abs. 1 UStG

 

Rz. 38

Die objektive Tathandlung der Ordnungswidrigkeit des § 26a Abs. 1 UStG wird dadurch beschrieben, dass derjenige, der entgegen der Entrichtungsgebote des § 18 Abs. 1 S. 4, Abs. 4 S. 1 oder 2, Abs. 4c S. 2, Abs. 4e S. 4 oder Abs. 5a S. 4, § 18i Abs. 3 S. 3, § 18j Abs. 4 S. 3 oder § 18k Abs. 4 S. 3 UStG eine Vorauszahlung, einen Unterschiedsbetrag oder eine festgesetzte Steuer nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig entrichtet, ordnungswidrig handelt. Der gravierendste Unterschied dieses Tatbestandes zur Vorgängerregelung in § 26b UStG besteht nun darin, dass es nicht mehr der in einer Rechnung ausgewiesenen USt, die bei ihrer Fälligkeit nicht oder teilweise nicht bezahlt wird, bedarf.[1]

 

Rz. 39

Zur Verwirklichung des Tatbestandes reicht es nunmehr aus, dass angemeldete Umsatzsteuer bei ihrer Fälligkeit nicht bezahlt wird; das sind mithin zwei Tatbestandsmerkmale, die Umsatzsteuer muss erstens angemeldet und dann zweitens bei ihrer Fälligkeit entgegen der o. g. Entrichtungsgebote nicht bezahlt werden. Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass diese Entrichtungsgebote auch erst mit dem Jahressteuergesetz 2020[2] in das UStG eingeführt worden sind, vorher existierten diese Regelungen nicht. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass aus diesen wenigen Tatbestandsmerkmalen unschwer erkennbar ist, dass der Anwendungsbereich dieses Ordnungswidrigkeitentatbestandes zunächst einmal dem Grunde nach sehr weit ist; die Regelung des UStG enthält keinerlei Begrenzung hinsichtlich des Zeitraums und der Höhe der ausstehenden Zahlung (Rz. 46). Es ist für die Erfüllung des Bußgeldtatbestands auch nicht erforderlich, dass es sich um ein wiederholtes oder fortgesetztes Tätigwerden handelt, sodass grundsätzlich auch bereits der erstmalige Verstoß geahndet werden kann.[3] Das ist natürlich deshalb wichtig, weil nur so auch einmalige Handlungen von missing tradern geahndet werden können. Andererseits führt das aber zu dem genannten weiten Anwendungsbereich der Regelung, der ausweislich der Gesetzesbegründung nur durch die Anwendung des Opportunitätsgrundsatzes des OWiG (Rz. 41 und Rz. 77f.) beschränkt wird.[4] Wird also z. B. nur 1 EUR einen Tag nach Ablauf der Fälligkeit nicht gezahlt, dann ist der Tatbestand dem Grunde verwirklicht; hier stellen sich in der Tat verfassungsrechtliche Fragen, wie etwa die nach der Verhältnismäßigkeit einer solchen Regelung (Rz. 46). Fraglich ist vor allem auch, wer all dies überprüfen und ahnden soll, in Anbetracht dessen, dass es sich gerade beim Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren um ein weitgehend automatisiert stattfindende Massenverfahren handelt, bei dem jeden Monat deutschlandweit viele Millionen Anmeldungen zu verarbeiten sind. Da die Neuregelung des § 26a Abs. UStG nicht erkennbar mit Stellenmehrungen bei den Finanzbehörden verbunden war, wäre alles mi...

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