Rz. 26

Die zentrale objektive Voraussetzung der Haftung nach § 25dUStG ist die Nichtzahlung der USt durch den Steuerschuldner, der die Rechnung mit gesondertem USt-Ausweis erteilt hat. Haftung bedeutet dabei im Steuerrecht abweichend vom Zivilrecht nur das Einstehen müssen für eine fremde Leistungspflicht, also für die Schuld eines anderen.[1] Auf die Art und Weise der Nichtentrichtung kommt es nicht an. Dies kann bereits durch Nichtanmeldung des Unternehmers geschehen, durch Nichtabgabe von USt-Voranmeldungen, durch Nichtaufnahme des Umsatzes in die USt-Voranmeldung oder aber durch Nichtzahlung der angemeldeten oder festgesetzten USt.[2] Betrifft allerdings die Nichtentrichtung in einer der Realisierungsformen nur einen Teil der USt, so kann die Haftung auch nur für diesen Teil eintreten (Akzessorietät, siehe Rz. 59).

 

Rz. 27

Im Objektiven ohne Belang ist auch der Grund, weswegen der den Umsatz erbringende Unternehmer die Steuer nicht entrichtet hat.[3] Im Subjektiven muss die Nichtentrichtung vorsätzlich verursacht sein. Das Gesetz konkretisiert diese Anforderung in zwei Anwendungsfällen, nämlich durch Nichtentrichtung entsprechend vorgefasster Absicht einerseits (siehe dazu Rz. 28) und durch vorsätzliches Außerstandesetzen, die Steuer zu entrichten, andererseits (siehe dazu Rz. 32ff.).

[2] Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 34.
[3] Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 35.

3.3.1 Nichtentrichtung entsprechend vorgefasster Absicht

 

Rz. 28

Der Rechnungsaussteller muss in der vorgefassten Absicht so gehandelt und die ausgewiesene USt nicht entrichtet haben. Welchen rechtlichen Gehalt hier die „Absicht” hat und wie sie mit der Ergänzung „vorgefasst” zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Sicher ist die Absicht nicht jeder Form des Vorsatzes gleichzustellen. Auch ist die Absicht nicht entsprechend der im Strafrecht häufig verwendeten Finalität gemeint: Der Dieb nimmt die fremde bewegliche Sache in der Absicht weg, sie sich anzueignen[1], der Betrüger handelt in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.[2] In diesen Fällen richtet sich die Absicht auf das erstrebte Ziel. In den Fällen des § 25d UStG ist bei den USt-Karussellgeschäften nicht das Ziel beabsichtigt, keine USt zu zahlen, sondern sich bzw. den oder einigen am Karussell Beteiligten durch Nichtzahlung der USt und Empfang der Vorsteuervergütung, -erstattung oder -anrechnung rechtswidrig Geldmittel zu verschaffen. Die „vorgefasste Absicht” kann daher nicht nach den strafrechtlichen Theorien ausgelegt werden.

 

Rz. 29

Die Absicht ist auch nicht mit derjenigen bei der Begründung der Unternehmereigenschaft im Vorbereitungsstadium gleichzustellen, die durch objektive Anhaltspunkte belegt ernsthaft auf die Erbringung von Leistungen gerichtet ist.[3] Ebenso wenig ist sie mit der Absicht zur Verwendung von Eingangsleistungen[4] gleichzustellen.

 

Rz. 30

Mit der Verwendung der adjektivischen Umschreibung „vorgefassten” erhält die Auslegung vielmehr eine besondere Richtung. Diese Umschreibung zeigt mit ihrem Widerspruch zwischen Absicht und Fassen oder Vorfassen der Absicht, dass nicht das Vorhandensein im Augenblick des Handelns, Duldens oder Unterlassens aufgezeigt werden soll, sondern der vorher gefasste Entschluss oder Beschluss, keine USt zu entrichten und damit eine Minderzahlung insgesamt zu erreichen. Dies ist die Umschreibung eines unmittelbaren, direkten Vorsatzes.[5] Unter „vorgefasste Absicht” kann dagegen der bedingte, indirekte Vorsatz nicht fallen, weil der Rechnungsaussteller die Nichtzahlung der Steuer nicht nur in Kauf nimmt. Er muss also im Sinne des direkten Vorsatzes bewusst und gewollt das Ziel der Nichterbringung angestrebt haben.

 

Rz. 31

Das Motiv für diese Absicht muss nicht die Beteiligung an einem Karussellgeschäft gewesen sein. Es kann sich z. B. auch um eine Liquiditätsenge im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens oder um eine andere Veranlassung gehandelt haben. Die Vorschrift enthält hierzu keine Vorgaben. Eine Person i. S. d. im Gesetzgebungsverfahren sog. „rechtstreuen Unternehmers”[6], die nicht belastet werden soll, ist dieser Unternehmer auch in den genannten Fällen nicht.

[5] Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 51.
[6] Vgl. Bericht des BT-Finanzausschusses zum Entwurf des StVBG v. 14.11.2001, BT-Drs. 14/7471, II. Einzelbegründung zu Art. 1, zu Nr. 5.

3.3.2 Außerstandesetzen für Steuerentrichtung

 

Rz. 32

In der zweiten Alternative, die die Vorschrift nennt, hat sich der Rechnungsaussteller „vorsätzlich außer Stande gesetzt”, die ausgewiesene Steuer zu entrichten. Hier muss sich der Vorsatz alleine auf das Außerstandesetzen beziehen. Kann dem Steuerschuldner kein Schuldvorwurf ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge