Rz. 244

Nicht ohne Grund geht Abschn. 24.2 Abs. 7 UStAE auf Fragen des Rechtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG ein. Denn im Laufe der Zeit sind verschiedene Gestaltungen aufgetreten, mit denen Land- und Forstwirte versucht haben, Nachteile der Pauschalierung abzufedern bzw. deren Vorteile verstärkt zu nutzen. Teilweise ist dabei die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten worden bzw. lagen Scheingeschäfte vor. S. Rz. 260f. zur Auslagerung von Investitionen auf mit dem Land- und Forstwirt verbundene Investoren.

Werden Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis ausgestellt, obwohl der Rechnungsaussteller (z. B. als tatsächlich nicht in die Geschäftsabwicklung eingeschalteter Zwischenhändler) eine Lieferung nicht ausgeführt hat, oder obwohl der Rechnungsaussteller kein Unternehmer oder ein Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG ist, schuldet er die ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG. Ein Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen ist nicht möglich (Rz. 269f.).

 

Rz. 245

Pauschalierende Landwirte, die an Endverbraucher oder Unternehmer ohne Recht auf Vorsteuerabzug (z. B. andere Pauschallandwirte) liefern, haben bisweilen Schwierigkeiten, die USt teilweise oder vollständig auf den Abnehmer zu überwälzen (Rz. 5). Wird in solchen Fällen ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Zwischenhändler eingeschaltet (z. B. ein Verkaufskommissionär oder eine landwirtschaftliche Genossenschaft), bestehen dagegen grds. keine Bedenken, weil es dem Landwirt frei steht, den für ihn günstigsten Vertriebsweg zu wählen. Die Leistungen müssen aber ernsthaft vereinbart sein und tatsächlich durchgeführt werden.

Insbesondere bei der Einschaltung von Zwischenhändlern, die mit dem Landwirt verbunden sind bzw. sich in seinem wirtschaftlichen Einflussbereich befinden (z. B. ein Angehöriger oder eine Gesellschaft, deren Gesellschafter der Pauschallandwirt und Angehörige sind) können u. U. Scheingeschäfte i. S. d. § 41 Abs. 2 AO vorliegen. Um Scheingeschäfte verneinen zu können, müssen Abnahme- und Lieferverträge vorliegen und muss der Zwischenhändler tatsächlich in die Geschäftsabwicklung eingeschaltet sein, insbesondere muss er die tatsächliche Verfügungsmacht an den gelieferten Gegenständen (z. B. Tieren) erlangen. Die bloße buch- und belegmäßige Zwischenschaltung eines Zwischenhändlers, der nicht einmal an der Aushandlung der Lieferkonditionen beteiligt ist, "der Form halber" ist hingegen umsatzsteuerlich nicht anzuerkennen. Weiterhin kann bei der Einschaltung von Zwischenhändlern ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. d. § 42 AO vorliegen, wenn zur Herbeiführung des steuerlichen Erfolgs ein ungewöhnlicher Weg gewählt wird, für den wirtschaftlich vernünftige Gründe nicht ersichtlich sind. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Vertragsbedingungen des Zwischenhändlers in auffälliger Weise von den üblichen Lieferbedingungen des Handels abweichen und diesem z. B. keine oder eine für die regionalen Verhältnisse ungewöhnlich niedrige Marge (Handelsspanne) verbleibt. Von Bedeutung kann auch der Umstand sein, wer das Vermarktungs- und Ausfallrisiko trägt.[1] Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte stellt allein die Lieferung von Gülle zu einem über dem Marktpreis liegenden Entgelt durch Pauschallandwirte an eine Biogasanlage (Rz. 185), deren Gesellschafter sie sind, noch keinen Gestaltungsmissbrauch dar.[2] Das Niedersächsische FG hatte im Einzelfall trotz des dadurch verschafften höheren Vorsteuerabzugs auch anerkannt den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen ebenfalls zu einem über dem Marktpreis liegenden Entgelt durch zwei Landwirte an eine Handels-GbR, deren Gesellschafter sie selbst waren und die die Erzeugnisse dann vermarktete.[3]

Durch die Betriebsteilung einer zuvor einheitlichen Tierhaltung mit neuer unterschiedlicher Rechtsform können, wenn keine Organschaft i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorliegt, neue eigenständige Unternehmen entstehen. Übernehmen diese einzelnen Unternehmen insbesondere einzelne Stufen der Tierproduktion, kann ein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO zu prüfen sein. Für eine umsatzsteuerliche Anerkennung einer solchen Betriebsteilung wird man wenigstens verlangen können, dass die ernsthaft vereinbarten Verträge tatsächlich durchgeführt werden und dass die neuen Unternehmen über die nötige eigene personelle und sächliche Ausstattung verfügen (also nicht etwa auf die Personalgestellung und den Maschineneinsatz anderer Betriebe angewiesen sind) und auch hinsichtlich Vertrieb und Buchführung über eine eigene Organisation verfügen.[4] Der EuGH hat im Fall eines auf mehrere Gesellschaften verteilten "Familienbetriebs" im Weinbau betrachtet, inwieweit die jeweiligen Gesellschaften ihre eigenen Produktionsmittel verwenden und ihre eigenen Arbeitnehmer beschäftigen und inwieweit sie eigenständig gegenüber ihren Lieferanten und Kunden sowie öffentlichen Stellen auftreten.[5] Werden Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich z. B. auf neu gegründ...

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