Rz. 46

Eines ausdrücklichen Ausschlusses der Zollbefreiungen und -ermäßigungen von der sinngemäßen Anwendung auf die EUSt, der noch in § 21 Abs. 2 S. 1 UStG i. d. F. vor dem UStG 1993 vorgesehen war, bedarf es nicht, weil diese Zollvorschriften allgemein von einer sinngemäßen Anwendung ausgeschlossen sind. Befreiungen und Ermäßigungen stellen nämlich Durchbrechungen und Ausnahmen von der Anwendung der Steuersätze des § 12 UStG dar. Der Zolltarif oder seine Ausnahmen, u. a. die außertariflichen Zollfreiheiten in der VO (EG) Nr. 1186/2009[1] und in § 29 Abs. 1 i. V. m. §§ 12ff. ZollV, finden daher grundsätzlich keine Anwendung auf die EUSt. Die Steuerbefreiung kann vom Abgabenschuldner auch in Anspruch genommen werden, wenn er keine Ahnung hatte, dass der Empfänger einer anschließenden innergemeinschaftlichen Verbringung eine Steuerhinterziehung begeht.[2]

 

Rz. 47

Gleichwohl sind die außertariflichen Zollvorschriften über eine Vorzugsbehandlung (Art. 203 ff. UZK) aufgrund von § 5 UStG i. V. m. der EUStBV auf die EUSt i. d. R. sinngemäß unter bestimmten Einschränkungen anzuwenden. Da die Zollbefreiungen im Allgemeinen auf internationalen Abkommen beruhen, die i. d. R. sämtliche Einfuhrabgaben, also auch die EUSt, miteinbeziehen, findet die EUSt-Befreiung nicht in der sinngemäßen Anwendung der Zollbefreiungen, sondern in diesen Abkommen ihre Grundlage und Berechtigung. Die Bestimmungen über die Zollbefreiungen sind die ins nationale Recht transformierten völkerrechtlichen Verpflichtungen; sie regeln darüber hinaus die Einzelheiten des Ausmaßes und der Voraussetzungen der Zollbefreiungen. Aufgrund der Ermächtigung in § 5 Abs. 2 UStG kann der Verordnungsgeber den Besonderheiten der EUSt Rechnung tragen.

 

Rz. 48

Von der Ermächtigung in § 5 Abs. 2 UStG hat der BMF durch Erlass der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung[3] sowie durch die Verordnung über die Eingangsabgabenfreiheit von Waren im persönlichen Gepäck der Reisenden[4] und die Verordnung über die Eingangsabgabenfreiheit von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art[5] Gebrauch gemacht. Während die EF-VO und die KF-VO die EUSt-Befreiungen unmittelbar regeln, finden die Vorschriften über die anderen außertariflichen Zollfreiheiten gem. § 1 Abs. 1, 2a und 3 EUStBV nur sinngemäß Anwendung auf die EUSt.

 

Rz. 49

Ein besonderer Fall der Steuerbefreiung ist die vorübergehende Verwendung von Gegenständen des Drittlandsgebiets im Inland. Die Zollbefreiung ist in Art. 210ff., 250ff. UZK und Art. 209ff. DelVO geregelt. Diese Zollvorschriften sind gem. § 5 Abs. 2 Nr. 5 UStG i. V. m. § 1 Abs. 2 EUStBV – ausgenommen die Vorschriften über die vorübergehende Verwendung bei teilweiser Befreiung – auf die EUSt sinngemäß anwendbar. Die Einschränkung, dass hierbei schutzwürdige Interessen der inländischen Wirtschaft nicht verletzt und keine unangemessenen Steuervorteile entstehen dürfen, ist in § 5 UStG nicht mehr vorgesehen. Diese Gegenstände sind von der EUSt nur befreit, wenn die Voraussetzungen für die Zollfreiheit erfüllt sind; das bedeutet, dass keine EUSt-Befreiung gewährt wird, wenn eine Zollfreiheit ausscheidet oder nicht in Betracht kommt.[6]  Die EUSt-Befreiung gilt nach Maßgabe des § 11 EUStBV und ist auf die gelegentliche nichtkommerzielle Verwendung bis zu sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 EUStBV) erweitert worden.

[1] ABl Nr. L 324/23.
[3] Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung (EUStBV) v. 11.8.1992, BGBl I 1992, 1526; zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 4 des Gesetzes v. 3.12.2015, BGBl I, 2178.
[4] Verordnung über die Eingangsabgabenfreiheit von Waren im persönlichen Gepäck der Reisenden (EF-VO) v. 24.11.2008, BGBl I 2008, 2235.
[5] Verordnung über die Eingangsabgabenfreiheit von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art (KF-VO) v. 11.1.1979, BGBl I 1979, 933; zuletzt geändert durch Art. 3 der VO v. 22.12.2003, BGBl I 2004, 21.

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