Rz. 362

Ein zunächst dem nichtunternehmerischen Bereich zugeordneter Gegenstand kann dem Unternehmensbereich nachträglich zugeordnet werden, soweit keine Hinderungsgründe (z. B. nur geringfügige unternehmerische Nutzung unter 10 %) dem entgegenstehen. Die spätere Zuordnung entfaltet aber keine Rückwirkung für den Vorsteuerabzug. So eröffnet die Einlage des Gegenstands dem Unternehmer weder einen nachträglichen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG noch beinhaltet die Vorschrift des § 15a UStG eine Korrekturmöglichkeit für die in der nichtunternehmerischen Sphäre angefallenen Vorsteuerbeträge. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der eindeutigen Formulierung der entsprechenden Rechtsvorschriften. Auch aus dem Unionsrecht oder der Rechtsprechung des EuGH sind keine gegenteiligen Rechtsauffassungen ableitbar. Der EuGH[1] hat ausdrücklich festgestellt, dass nach dem Unionsrecht keine Vorsteuerberichtigung bei einem steuerpflichtigen Verkauf eines nichtunternehmerisch erworbenen Gegenstands in Betracht kommt, da sich das Recht auf den Vorsteuerabzug nach den Vorschriften des § 15 UStG ergibt und § 15a UStG lediglich das Verfahren für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs enthält, aber kein Recht auf den Vorsteuerabzug entstehen lassen kann. Allerdings muss darüber nachgedacht werden, ob dieses Ergebnis insgesamt zu einem systemgerechten Resultat führt. Die Neutralität des Umsatzsteuerrechts gebietet es eigentlich, dass bei einer unternehmerischen Verwendung eines Gegenstands die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge wirtschaftlich abziehbar sein müssen. Im umgekehrten Fall ist die Korrektur eines vorgenommenen Vorsteuerabzugs in der unternehmerischen Sphäre durch einen fiktiven Ausgangsumsatz nach § 3 Abs. 1b UStG, § 3 Abs. 9a UStG oder im Fall steuerfreier Ausgangsleistungen durch § 15a UStG gewährleistet. Damit fehlt dem Umsatzsteuerrecht zur vollständigen systematischen Neutralität eine Korrekturvorschrift, die einen anteiligen Vorsteuerabzug bei langfristig nutzbaren Gegenständen auch nach der Einlage aus der nichtunternehmerischen Sphäre ermöglicht; vgl. dazu auch den Schlussantrag der deutschen Generalanwältin[2], die zutreffend festgestellt hat, dass dies zu einem Spannungsverhältnis zum fundamentalen Grundsatz der Neutralität führt. Je nach der zeitlichen Reihenfolge der wirtschaftlichen Nutzung eines Gegenstands ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen, selbst wenn der zeitliche Umfang der wirtschaftlichen Nutzung und die daraus geschuldete Mehrwertsteuer identisch sind.

[1] EuGH v. 2.6.2005, C-378/02, Waterschap Zeeuws Vlaanderen, BFH/NV Beilage 2005, 323.
[2] Schlussantrag der Generalanwältin Kokott v. 19.4.2018 zur Rs. C-140/17, Gmina Ryjewo.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge