Rz. 4

Schon im UStG v. 26.7.1918[1] wurde eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit zur USt herangezogen (noch ohne die freiberuflichen Tätigkeiten), ohne dass der Begriff des Unternehmers explizit genannt wurde. Durch Gesetzesergänzung[2] wurde die Besteuerung auch auf die freiberuflichen Tätigkeiten ausgedehnt.

 

Rz. 5

Mit dem UStG v. 16.10.1934[3] wurden dann erstmals die Voraussetzungen für die Besteuerung in die Regelungen des § 1 UStG 1934 (Steuerbarkeit) und den § 2 UStG 1934 (Unternehmer) getrennt. Diese Aufteilung ist bis heute im UStG beibehalten worden. Ebenso wurde 1934 erstmals der Begriff des Unternehmers in das Gesetz mit aufgenommen, die Definition entspricht noch der heutigen Grunddefinition, dass derjenige Unternehmer ist, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt.

 

Rz. 6

Die umsatzsteuerliche Organschaft wurde erstmals 1934 in das Gesetz aufgenommen, die damalige Fassung entsprach aber noch nicht den heutigen Vorgaben. Zwar war die Eingliederungsmöglichkeit auch – wie momentan immer noch nach der nationalen gesetzlichen Formulierung im UStG – auf juristische Personen beschränkt. Voraussetzung für die Nichtselbstständigkeit war aber lediglich, dass die juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 15 v. 11.2.1946 wurden die Wirkungen der Organschaft später zeitweilig[4] außer Kraft gesetzt. Ebenso wurden in diesem Gesetz die Grundlagen für die Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts geregelt, indem klar gestellt wurde, dass die Ausübung der öffentlichen Gewalt keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ist.

 

Rz. 7

Die Grunddefinition der Unternehmereigenschaft blieb dann über die weiteren Stufen der Entwicklung des UStG unverändert, auch der Übergang zur "Mehrwertsteuer" durch das UStG 1967[5] sowie die Angleichung an die Regelungen der 6. EG-Richtlinie (seit dem 1.1.2007 Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRL) durch das UStG 1980[6] haben an den Grundlagen der Definition der Unternehmereigenschaft keine Veränderungen bewirkt. Lediglich wurden 1980 in § 2 Abs. 3 S. 2 UStG die Nrn. 2 bis 4 als Sondertatbestände der unternehmerischen Betätigung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit in das Gesetz aufgenommen. Zum 1.7.1990[7] wurde dann in diesen Katalog auch noch die Nr. 5 (Tätigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung[8], soweit Aufgaben der Marktordnung, der Vorratshaltung und der Nahrungsmittelhilfe wahrgenommen werden) mit aufgenommen.

 

Rz. 8

Die in § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 UStG – in Übergangsschritten – geregelte Sonderstellung der Deutschen Bundespost (Telekom und Postdienst) wurde 1994[9] durch Aufhebung der Vorschrift zum 1.1.1995 beseitigt. Durch die Privatisierung sowohl der Deutschen Telekom AG als auch der Deutschen Post AG war die Notwendigkeit einer rechtlichen Sonderstellung bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts entfallen.

 

Rz. 9

Auch durch die Einführung des Europäischen Binnenmarkts[10] änderte sich an den Vorschriften zur Bestimmung der Unternehmereigenschaft nichts. Es wurden lediglich – begründet durch die systematischen Anforderungen des Binnenmarkts – bestimmte Sonderregelungen aufgenommen, die auch mittelbar die Unternehmereigenschaft berühren, vgl. z. B. die Unternehmereigenschaft des privaten Lieferers eines neuen Fahrzeugs im Binnenmarkt nach § 2a UStG.

 

Rz. 9a

Eine wesentliche Änderung hat sich bezüglich der Unternehmereigenschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts zum 1.1.2016 ergeben. Durch das Steueränderungsgesetz 2015[11] ist § 2 Abs. 3 UStG mWv 1.1.2016 aufgehoben worden. Die Vorschriften zur Unternehmereigenschaft juristischer Personen sind in der neu geschaffenen Vorschrift des § 2b UStG zusammengefasst worden. Allerdings ist § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung weiterhin auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 und vor dem 1.1.2017 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 22 UStG). Darüber hinaus konnten die juristischen Personen für die nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2021 ausgeführten Umsätze auch weiterhin noch die Fassung des § 2 Abs. 3 UStG v. 31.12.2015 anwenden (Rz. 371). Die eigentlich bis zum 31.12.2020 befristete Ausnahmeregelung wurde durch das 1. Corona-Steuerhilfegesetz um zwei Jahre bis zum 31.12.2022 verlängert[12] und danach durch das Jahressteuergesetz 2022[13] erneut um zwei Jahre – nunmehr bis zum 31.12.2024 – verlängert worden, § 27 Abs. 22a UStG.

 

Rz. 9b

Nachdem der BFH[14] 2018 festgestellt hatte, dass Bruchteilsgemeinschaften aufgrund fehlender Rechtsfähigkeit nicht Unternehmer nach § 2 UStG sein können, bestand Unsicherheit über den Umgang mit diesem Urteil (vgl. auch Rz. 115a ff.), das auch andere Zusammenschlüsse – wie die nicht rechtsfähige Erbengemeinschaft – betroffen hätte. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022[15] wurde zur Rechtssicherheit im § 2 Abs. 1 S. 1 UStG ein Zusatz aufgenommen, nachdem die Unternehmereigenschaf...

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