1 Allgemeines

1.1 Wesentlicher Inhalt, Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 15a UStG ist gesetzessystematisch eine Ergänzung zu § 15 UStG in Gestalt einer materiellrechtlichen Berichtigungsvorschrift. Nach § 15 UStG, in seiner Auslegung durch die Rspr. des EuGH, ist der Vorsteuerabzug unabhängig von der Verwendungsdauer der für das Unternehmen bezogenen sonstigen Leistung oder Lieferung grundsätzlich im Zeitpunkt der Ausführung dieser Leistung und der Rechnungserteilung gegeben (Prinzip des Sofortabzugs, z. B. EuGH v. 8.6.2000, C-396/98, Grundstücksgemeinschaft Schloßstraße, BStBl II 2003, 446; § 15 UStG Rz. 155ff.). Dabei bestimmt sich der Umfang des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 24 bzw. Abs. 1b UStG nach der Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Das Gesetz unterstellt also im Rahmen des § 15 UStG, dass bei bezogenen Leistungen, deren Verwendung sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, die Verwendung gleich bleibt. Der Vorsteuerabzug wird nicht schrittweise in Abhängigkeit von den getätigten Ausgangsumsätzen gewährt. Daraus folgt die Notwendigkeit des § 15a UStG, der eine Korrektur des Vorsteuerabzugs verlangt, wenn die Verhältnisse sich später ändern.

 

Rz. 2

Die Vorschrift dient der steuerlichen Gerechtigkeit und verhindert Wettbewerbsverzerrungen, indem sie bei Wirtschaftsgütern, bei Lieferungen, die Eingang in ein Wirtschaftsgut finden, bei sonstigen Leistungen, die an einem Wirtschaftsgut ausgeführt werden, sowie bei sonstigen Leistungen, die nicht in ein Wirtschaftsgut eingehen, die Entscheidung über den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG an der späteren Verwendung überprüfen lässt. Dabei kann die Korrektur des Vorsteuerabzugs sowohl zulasten als auch zugunsten des Unternehmers erfolgen. § 15a UStG ist Ausdruck des Prinzips, den Vorsteuerabzug letztlich von den tatsächlich getätigten Umsätzen abhängig zu machen. Dabei geht es in erster Linie um die Zuordnung der Vorsteuer nach Maßgabe des § 15 Abs. 24 UStG.

 

Rz. 3

§ 15a UStG ist eine materiellrechtliche Berichtigungsvorschrift und keine verfahrensrechtliche Änderungsvorschrift, da der ursprüngliche Vorsteuerabzug von späteren Verwendungsänderungen unberührt bleibt. Eine Korrektur ist nur für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Berichtigungsvoraussetzungen (Änderung der Verhältnisse) vorliegen, und nur mit dem auf diesen Zeitraum entfallenden Anteil.[1] Der BFH sieht daher in § 15a UStG einen gegenüber § 15 UStG eigenständigen Tatbestand.[2]

 

Rz. 4

Die Vielzahl von Fallgestaltungen, auf die eine Anwendung des § 15a UStG in Betracht kommt, führt seitens der Verwaltung zu Problemen in der Überwachung der Anwendung dieser Vorschrift. Da die Anwendung des § 15a UStG wegen seiner Kompliziertheit in der Praxis verständlicherweise Schwierigkeiten bereitet, unterbleibt sie häufig zugunsten wie zuungunsten des Unternehmers. Die Verwaltung hat daher besondere Maßnahmen zur Überwachung der Anwendung des § 15a UStG ergriffen.[3]

[1] So auch Oelmaier, in Sölch/Ringleb, UStG, § 15a UStG Rz. 45.

1.2 Entstehungsgeschichte; Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben

 

Rz. 5

Vorgänger des § 15a UStG war die Vorschrift des § 15 Abs. 7 UStG 1967, die allerdings lediglich v. 1.1.1973 bis zum 8.5.1973 anzuwenden war. Durch Art. 6 § 1 Nr. 1 des Steueränderungsgesetzes 1973 v. 26.6.1973[1] wurde § 15a UStG 1973 in das UStG eingefügt, entfaltete aber erst nach dem Auslaufen der damaligen Selbstverbrauchsteuer[2] zum 30.11.1973 volle Wirksamkeit. § 15a UStG 1973 erweiterte die Berichtigungspflichten erheblich:

  • Für Grundstücke und vergleichbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie für Binnenschiffe wurde der Berichtigungszeitraum von bisher fünf auf zehn Jahre erweitert. Ferner wurde eine Ermächtigung eingeführt, die es dem BMF ermöglichte, den Berichtigungszeitraum allgemein bis auf 20 Jahre zu erstrecken.
  • Nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten wurden in die Berichtigungspflicht einbezogen.
  • Die Veräußerung und Entnahme zum Eigenverbrauch wurden als neue Berichtigungstatbestände eingeführt.
 

Rz. 6

Durch das UStG 1980 v. 26.11.1979[3] wurde § 15a UStG mWv 1.1.1980 an Art. 20 Abs. 2 bis 4 der 6. EG-Richtlinie angepasst. Dadurch ergaben sich folgende Änderungen gegenüber § 15a UStG 1973:

  • Für Binnenschiffe wurde der Berichtigungszeitraum auf fünf Jahre reduziert.
  • Die Verordnungsermächtigung zur Verlängerung des Berichtigungszeitraums auf maximal 20 Jahre wurde gestrichen.
  • In § 15a Abs. 7 Nr. 2 UStG (a. F.) wurde stattdessen eine Verordnungsermächtigung für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei einem Wechsel der Besteuerungsform eingeführt.
 

Rz. 7

Durch Art. 20 Nr. 15 des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts[4] v. 21.12.1993[5] wurde mWv 1.1.1994 Abs. 6a (a. F.) neu eingefügt. Die Regelungen in Abs. 6a (a. F.) hingen mit der Einführung der Nichtsteuerbarkeit von Geschäftsveräußerungen in § 1 Abs. 1a UStG zusammen. Da gem. § 1 Abs. 1a S. 3 UStG bei einer Geschäftsveräußerung der Erwerber a...

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