Rz. 36

Nach den allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen teilen Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung. Eine Leistung ist grundsätzlich dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie im Vergleich zu der Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng – im Sinne einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung – zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Leistung für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Gegenstand einer Nebenleistung kann sowohl eine unselbstständige Lieferung als auch eine unselbstständige sonstige Leistung sein.[1]

Auf Fotovoltaikanlagen bezogen folgt hieraus, dass Lieferungen und sonstige Leistungen, die für den Leistungsempfänger (Kunden des Lieferers der Anlage bzw. deren Komponenten) keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellen, um die Lieferung der Fotovoltaikanlage unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, als Nebenleistungen zur Hauptleistung einheitlich dem Nullsteuersatz unterliegen.[2]

 

Rz. 37

Die Unterscheidung, ob es sich bei einer Lieferung oder sonstigen Leistung in Zusammenhang mit einer Fotovoltaikanlage um eine – dem Nullsteuersatz unterliegende – unselbstständige Nebenleistung oder aber um eine – i. d. R. dem allgemeinen Steuersatz unterliegende – selbstständige Hauptleistung handelt, ist nicht immer eindeutig. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Verwaltung die aus ihrer Sicht als Nebenleistungen zu der Lieferung einer Fotovoltaikanlage anzusehenden Leistungen beispielhaft aufgelistet hat. In ihrem ergänzenden BMF-Schreiben v. 30.11.2023 zu Einzelfragen bei der Anwendung des Nullsteuersatzes (a. a. O.) hat die Verwaltung präzisiert, was sie unter begünstigten Nebenleistungen versteht.[3]

Da die Finanzbehörden an die Ausführungen im UStAE zwingend gebunden sind, können sich die Lieferer von Fotovoltaikanlagen gegenüber den Finanzämtern darauf berufen, dass die aufgelisteten Leistungen als Nebenleistungen anzusehen sind. Zu den Nebenleistungen der Lieferung einer Fotovoltaikanlage zählen danach u. a. folgende Leistungen des Lieferers:

  • die Übernahme der Anmeldung in das Marktstammdatenregister,
  • die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage,
  • die Montage der Solarmodule,
  • die Kabelinstallationen,
  • die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers,
  • die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln,
  • die Herstellung des AC-Anschlusses,
  • die Bereitstellung von Gerüsten,
  • die Lieferung von Befestigungsmaterial,
  • die Erneuerung oder Ertüchtigung eines Zählerschranks,
  • die Erneuerung oder Ertüchtigung der Unterkonstruktion einer Fotovoltaikanlage (z. B. durch Verbreiterung oder Aufdopplung von Sparren),
  • die Lieferung eines Taubenschutzes.

Die Auflistung bedeutet nicht, dass dort nicht aufgeführte Leistungen zwingend als selbstständige Hauptleistungen anzusehen sind. Dies wird dadurch deutlich, dass diese Leistungen laut Abschn. 12.18 Abs. 1 S. 4 UStAE "unter anderem" zu den Nebenleistungen zählen. Weitere Leistungen des Lieferers einer Fotovoltaikanlage, die die allgemeinen Voraussetzungen für unselbstständige Nebenleistungen erfüllen (Rz. 36), sind deshalb ebenfalls als unselbstständige Nebenleistungen mit dem Nullsteuersatz zu besteuern.

 

Rz. 37a

In ihrem ergänzenden BMF-Schreiben v. 30.11.2023 zu Einzelfragen bei der Anwendung des Nullsteuersatzes (a. a. O.) hat die Verwaltung erstmals auch Leistungen aufgelistet, die aus ihrer Sicht nicht zu den (begünstigten) Nebenleistungen der Lieferung einer Fotovoltaikanlage zählen.[4]

Danach gehören u. a. die nachfolgenden Leistungen nicht zu den Nebenleistungen der Lieferung der Fotovoltaikanlage und unterliegen damit dem allgemeinen Steuersatz von 19 %:

  • die zwingend vorgeschriebenen Maßnahmen bei einem Aufbringen der Fotovoltaikanlage auf Dächern mit asbesthaltigen Deckwerkstoffen (z. B. Demontage und Neumontage von Platten in diesem Fall),
  • die Anpassung einer Blitzschutzanlage.

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