Rz. 34

Nicht zum Entgelt gehört die gesetzlich geschuldete USt (Abs. 1 S. 2 am Ende; ebenso Art. 78 S. 1 Buchst. a MwStSystRL). Als Entgelt wird vom Gesetzgeber also das Nettoentgelt angesehen. Die USt ist eine Art durchlaufender Posten, der innerhalb der Unternehmerkette die einzelnen Unternehmer – unabhängig von der Höhe des Steuersatzes – nicht belasten soll. Der umsatzsteuerliche Begriff des Entgelts deckt sich somit nicht mit dem zivilrechtlichen Begriff des Preises. Was als zivilrechtlicher Preis zu zahlen ist, richtet sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft. Dieses ist häufig nicht eindeutig. Von der Nichtkenntnis der Unternehmereigenschaft des Leistenden über Fragen der Steuerbarkeit und -pflicht und des Steuersatzes bis zur Unklarheit über eine Brutto- oder Nettopreisvereinbarung reicht die Skala solcher unklaren Vereinbarungen. Sie sind daher auszulegen. Sie sind zivilrechtlicher Natur und daher an sich von den Zivilgerichten zu entscheiden. Da jedoch das Entgelt ein umsatzsteuerlicher Begriff ist, sind hier die Steuergerichte ebenfalls zur Entscheidung berechtigt[1], wobei das Steuerrecht und das Zivilrecht als gleichrangig anzusehen sind.[2] Für die Fälle der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gem. § 13b UStG wird das Entgelt ohne gesonderten USt-Ausweis berechnet.[3] Der Rechnungsbetrag ist also mit dem Entgelt identisch, Preis und Entgelt stimmen überein (Abschn. 13b.13 Abs. 1 UStAE).

 

Rz. 35

Bei der Auslegung eines nicht eindeutigen Vertrags ist gem. § 157 BGB die Verkehrssitte zu berücksichtigen. Das hat der Bundesgerichtshof am Beispiel des Pachtzinses[4] und des Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters nach § 89b HGB[5] deutlich gemacht. Dieser allgemeine Grundsatz wird insbesondere zum vereinbarten Kaufpreis vom BGH[6] und von zahlreichen OLG-Entscheidungen bestätigt.[7] Auch der Österreichische Oberste Gerichtshof betrachtet bei weitgehend identischer Rechtslage die Preisvereinbarung grundsätzlich als Bruttovereinbarung.[8] Ausnahmsweise ist in den Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gem. § 13b UStG der Rechnungsbetrag mit der Bemessungsgrundlage identisch.[9] Der Leistungsempfänger hat auf der Grundlage des Rechnungsbetrags die USt zu zahlen. Wird der Preis eines Gegenstands von den Vertragsparteien ohne jeden Hinweis auf die USt festgelegt und ist der Lieferer des Gegenstands für den besteuerten Umsatz Steuerschuldner der USt, soll der vereinbarte Preis in dem Fall, dass der Lieferer nicht die Möglichkeit hat, die von der Finanzbehörde verlangte USt vom Lieferungsempfänger wieder zu erlangen, so anzusehen sein, als wenn der vereinbarte Preis die USt enthält[10]. Der EuGH[11] hat diesen Grundsatz bestätigt, auch wenn der Unternehmer der Finanzverwaltung aufgrund eines Steuerbetrugs weder den Umsatz mitgeteilt hat noch eine Rechnung ausgestellt hat. Die Zahlungen (ggf. auch im Rahmen einer Schätzung ermittelt) enthalten die USt – jede andere Auslegung würde dem Grundsatz der Neutralität widersprechen. Vereinbaren Vertragsparteien rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne USt, ist der vereinbarte Betrag in Entgelt und darauf entfallende USt aufzuteilen.[12]

 

Rz. 36

Bei der Preisangabe dem privaten Endverbraucher gegenüber muss der Unternehmer § 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PAngV[13] beachten, demzufolge Preisangaben bei Angeboten und Werbung die USt enthalten müssen. Dies gilt auch für den Fernabsatz von Waren und Leistungen.[14] Vereinbaren allerdings die Parteien in einem Vertrag (z. B. gewerblicher Mietvertrag) ausdrücklich, dass der Leistungsempfänger die auf die Hauptleistung (z. B. Grundmiete) entfallende USt zusätzlich zu tragen hat, kann sich durch Auslegung ergeben, dass auch ohne besondere diesbezügliche Vereinbarungen die auf die Nebenleistungen (z. B. Betriebskosten) entfallende USt ebenfalls vom Leistungsempfänger zu tragen ist.[15] Schließen zwei Unternehmer einen Vergleich über den von einer Seite geltend gemachten Schadensersatzanspruch und gehen dabei von einem bestimmten Anspruch ohne USt aus, ist der Vergleich so auszulegen, dass der Schuldner den Betrag ohne USt schuldet.[16]

 

Rz. 37

Sind an einem Geschäft beiderseits Unternehmer beteiligt, die Kaufleute sind, handelt es sich also um ein beiderseitiges Handelsgeschäft, sind auch Handelsbräuche zu berücksichtigen. Ein allgemeiner Handelsbrauch, dass zwischen Unternehmern oder zwischen Kaufleuten die Preise ohne USt zugrunde gelegt werden müssen, falls nichts anderes vereinbart ist, kann allerdings weder für die gesamte Bundesrepublik noch für einzelne Bundesländer bejaht werden. Man kann deshalb auch beim beiderseitigen Handelsgeschäft grundsätzlich davon ausgehen, dass der vereinbarte Preis im Zweifel die USt enthält. Unklarheiten gehen daher zulasten des Leistenden, der die USt nicht zusätzlich fordern kann.[17] Ob für einen Bereich ein Handelsbrauch besteht, ist im Übrigen Tatfrage.[18]

 

Rz. 38

Gebühren der Notare und der Rechtsanwälte sowie der Steuerberater enthalten nach den einschlägigen...

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