Rz. 388a

Zum 1.1.2019 mussten in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die schon 2016 unionsrechtlich beschlossenen[1] Vorschriften für Gutscheine in nationale Regelungen aufgenommen werden. In Deutschland wurden die Regelungen Ende 2018 in das UStG aufgenommen.[2] Die Hauptvorschriften zur Definition der Gutscheine sowie der Abgrenzung von Einzweck-Gutschein und Mehrzweck-Gutschein sind in § 3 Abs. 13 bis Abs. 15 UStG aufgenommen worden. Zur zutreffenden Bestimmung der Bemessungsgrundlage musste ergänzend noch ein Hinweis in § 10 Abs. 1 S. 6 UStG zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen aufgenommen werden. Die Regelungen sind auf alle Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt worden sind.

 

Rz. 388b

Die Finanzverwaltung[3] hat sich Ende 2020 ausführlich zur Umsetzung der Neuregelungen geäußert. Speziell zur Bemessungsgrundlage bei den Gutscheinen i. S. d. § 3 Abs. 13 UStG ist festgestellt worden, dass die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG auch für die Gutscheine unter den weiteren Voraussetzungen Anwendung findet.[4]

 

Rz. 388c

Als Gutschein wird in § 3 Abs. 13 UStG ein Instrument bezeichnet, bei dem die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und bei dem der Leistungsgegenstand oder der Leistende in dem Gutschein oder anderen damit zusammenhängenden Unterlagen angegeben sind. Berechtigungen, die lediglich zu einer Preisermäßigung führen können (z. B. „Berechtigung, eine Ware 20 % billiger erwerben zu können“), stellen keine Gutscheine i. S. d. Regelung dar. Ein Gutschein liegt damit dann vor, wenn der Inhaber des Gutscheins dadurch berechtigt ist, ihn an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder sonstige Leistungen zu verwenden. Liegen die Voraussetzungen für einen Gutschein nach § 3 Abs. 13 UStG vor, muss für die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen in Einzweck-Gutscheine und Mehrzweck-Gutscheine unterschieden werden.

 

Rz. 388d

Ein Einzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 14 UStG liegt vor, wenn der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf den sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. Damit müssen schon bei (Erst-)Ausgabe des Gutscheins alle notwendigen Informationen vorliegen, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit bestimmen zu können.[5] Bei einem Einzweck-Gutschein gilt die Leistung schon mit Ausgabe/Übertragung des Gutscheins als erbracht. Ein Mehrzweck-Gutschein liegt nach § 3 Abs. 15 UStG in den Fällen vor, in denen zwar ein Gutschein i. S. d. Regelung vorliegt, es sich aber nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt. Bei einem Mehrzweck-Gutschein ergeben sich bei Ausgabe und Übertragung des Gutscheins noch keine umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen, es handelt sich vielmehr um einen Umtausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels. Erst bei Einlösung des Gutscheins wird die tatsächlich ausgeführte Leistung der USt unterworfen.

Die Bemessungsgrundlage eines Einzweck-Gutscheins bestimmt sich nach den allgemeinen Regelungen des § 10 UStG und ist – auch bei Vertriebsketten – jeweils das vereinbarte Entgelt.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer B überträgt einen Gutschein über 100 EUR, der zum Einkauf von Büchern bei ihm berechtigt, im November 01 für 80 EUR an Unternehmer Z. Z gibt den Gutschein im Dezember 01 an einen Kunden K für 90 EUR aus. Im Januar 02 löst K den Gutschein beim Kauf von Büchern bei B ein.

B erhält im November 01 beim Verkauf des Einzweck-Gutscheins 80 EUR, sodass sich bei ihm eine Bemessungsgrundlage von (80 EUR abzgl. 7 % USt =) 74,77 EUR und eine USt von (7 %) 5,23 EUR ergibt. Z erhält im Dezember 01 90 EUR, sodass sich bei ihm eine Bemessungsgrundlage von (90 EUR abzgl. 7 % USt =) 84,11 EUR und eine USt von (7 %) 5,89 EUR ergibt. Die Einlösung des Gutscheins im Januar 02 führt zu keinen umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen.

Wird ein Einzweck-Gutschein nicht eingelöst, verbleibt es bei der Besteuerung der Umsätze, es liegt insoweit keine Änderung der Bemessungsgrundlage vor, da die Umsätze mit Übergabe des Gutscheins als ausgeführt gelten. Wird aber ein Einzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde den Gutscheinwert zurückerstattet, wird der ursprüngliche Umsatz rückgängig gemacht (Remonetarisierung).[6] Die Rückgängigmachung wird in dem Zeitraum erfasst, in dem die Rückzahlung erfolgt.

 

Rz. 388e

Da bei einem Mehrzweck-Gutschein die Besteuerung erst in dem Zeitpunkt der Ausführung der tatsächlichen Leistung erfolgt und nur das der Besteuerung unterliegen soll, was der leistende Unternehmer für seine Leistung erhalten hat, ist in § 10 Abs. 1 S. 6 UStG noch eine Fiktion zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage aufgenommen worden: Liegen bei Entgegennahme des Mehrzweck-Gutscheins keine Informationen darüber vor, was bei Ausgabe des Gutscheins dafür gezahlt worden war, wird die Bemessungsgrundlage ausgehend...

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