Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufteilung einer Vorsteuer aus Leistungsbezügen, die sowohl einer wirtschaftlichen als auch einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vorsteuer aus Leistungsbezügen, die sowohl einer wirtschaftlichen als auch einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers (hier: kommunaler Kurbetrieb) dienen, ist entsprechend § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen (Anschluss an BFH, Urteil vom 3.08.2017 V R 62/16, BStBl II 2021, 109).

2. Werden die Leistungsbezüge teilweise durch eine Fremdenverkehrsabgabe als Beitrag im Sinne des Kommunalabgabenrechts finanziert und wird im Rahmen der Beitragskalkulation auch ein öffentliches Interesse an der Tourismusförderung (Gemeindeanteil) in Ansatz gebracht, dann kann dies als Indiz für eine anteilig nichtwirtschaftliche Verwendung der Leistungsbezüge angesehen werden. Die vom EuGH durch Urteil vom 1.10.2020 C-405/19 "Vos Aannemingen" für den Fall einer Kostenübernahme durch Dritte aufgestellten Grundsätze sind entsprechend anzuwenden.

3. Der volle Vorsteuerabzug setzt in derartigen Fällen voraus, dass zwischen den Leistungsbezügen und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Kurbetriebes ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht und umgekehrt der mögliche Vorteil der Gemeinde als nebensächlich zu bewerten ist. Zielen die Werbeaktivitäten auf die Förderung steuerpflichtiger Umsätze ab und bewirken diese nur einen mittelbaren Vorteil für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde, dann ist dieser Vorteil als nebensächlich einzustufen und bildet keine ausreichende Grundlage für eine Vorsteuerkürzung.

4. Die Zuweisung des Aufkommens aus der Fremdenverkehrsabgabe an den kommunalen Kurbetrieb ist kein steuerbares Entgelt (unechter Zuschuss) für die durch die Abgabe abgeschöpften Vorteile Dritter aus der Tourismuswerbung. Der gemäߧ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erforderliche konkrete Leistungsaustausch ergibt sich nicht bereits aus der Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe und deren Weiterleitung an den kommunalen Tourismusbetrieb.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 15 Abs. 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.12.2023; Aktenzeichen XI R 33/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Vorsteuerkürzungen unter dem Gesichtspunkt der anteiligen nichtunternehmerischen Verwendung von Eingangsleistungen für die Fremdenverkehrswerbung.

Die Klägerin unterhält den Eigenbetrieb Kurverwaltung als Betrieb gewerblicher Art (nachfolgend auch Kurbetrieb, BgA). Unternehmensgegenstand des Eigenbetriebes ist gemäß § 1 Abs. 3 der Betriebssatzung die Erfüllung aller mit dem Kurbetrieb verbundenen Aufgaben in der Gemeinde. Am 27.10.2015 ordnete der Beklagte - das Finanzamt (FA) - gegenüber der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Prüfungszeitraum 2011 bis 2015 an. Prüfungsgegenstand war der Vorsteuerabzug. Im Prüfungsbericht ist hinsichtlich des Streitgegenstandes unter Ziffer 2.2 "Fremdenverkehrsabgabe/Tourismusabgabe" folgendes ausgeführt:

"Die durch den Kurbetrieb eingenommene Fremdverkehrsabgabe/Tourismusabgabe wird laut Satzung der Gemeinde zur Deckung der Kosten für die Fremdenverkehrswerbung verwendet. Da auch die Gemeinde als solches von der Fremdenverkehrswerbung profitiert, entfällt ein Teil der Kosten auf den nicht wirtschaftlichen Teil der Gemeinde. Folglich ist der Vorsteuerabzug aus diesen Kosten nicht zulässig. Als Aufteilungsschlüssel wurde einvernehmlich das Verhältnis der Einnahmen aus der Fremdenverkehrsabgabe zur Summe der Fremdenverkehrs- und der Kurabgabe angesetzt. Im Prüfungszeitraum hatte die Gemeinde die aus der Anlage (Anlage Tourismusabgabe) ersichtlichen Vorsteuern im Zusammenhang mit der Fremdenverkehrswerbung geltend gemacht. Die Ermittlung der Höhe der Vorsteuerkürzung aus den Kosten der Fremdenverkehrswerbung ergibt sich aus der Anlage (Vorsteuern FVA)". Die Kürzungen stellen sich in den einzelnen Streitjahren wie folgt dar:

Zeitraum

Vorsteuerkürzung in Euro

Prozentsatz der Kürzung

2011

XXX

5,81

2012

XXX

6,97

2013

XXX

8,68

2014

XXX

9,12

2015

XXX

12,21

In der vom Prüfer zur Begründung der Vorsteuerkürzung in Bezug genommenen Satzung über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 18.10.2008 ist unter anderem ausgeführt:

"§ 1 (Beitragserhebungszweck)

(1) Die Gemeinde ist als Kurort anerkannt. Sie erhebt zur teilweisen Deckung der Aufwendungen der Gemeinde für die Fremdenverkehrswerbung eine laufende Fremdenverkehrsabgabe im Sinne des § 10 Abs. 5 KAG (im Folgenden Beitrag).

(2) Diese Aufwendungen sollen durch den Beitrag zu 18%, durch einen Gemeindeanteil zur Abgeltung des öffentlichen Interesses zu 65% und im Übrigen durch sonstige Einnahmen gedeckt werden.

§ 2 (Beitragssubjekt, Beitragsgegenstand)

(1) Beitragspflichtig sind die natürlichen und juristischen Personen und die teil- oder nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen, denen durch den Fremdenverkehr in der Gemeinde unmittelbar und/oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Wirtschaftliche Vorteil...

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