Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 AO

 

Leitsatz (amtlich)

§ 171 Abs. 5 AO knüpft an die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen an, so dass die Ablaufhemmung hinsichtlich aller Steuern eintritt, die sich aufgrund der Beurteilung der ermittelten Sachverhalte ergeben

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.06.2010; Aktenzeichen VIII B 2/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Zulässigkeit der Änderung der Einkommensteuer(ESt)-Bescheide 1991 bis 1995 aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung gemäß § 173 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).

Die Kläger werden gemäß § 26 Einkommensteuergesetz (EStG) zusammen zur ESt veranlagt. Die ESt-Veranlagungen für die Kalenderjahre 1991 bis 1995 wurden auf der Grundlage der eingereichten ESt-Erklärungen wie folgt durchgeführt:

Jahr

Eingang beim Finanzamt

ESt-Bescheid

1991

23.03.1993

26.05.1993

1992

29.07.1994

30.09.1994

1993

04.01.1995

27.03.1995

1994

02.02.1996

14.05.1996

1995

27.02.1997

02.06.1997

Die Kläger waren in den Streitjahren an der Firma X GmbH beteiligt.

Die Firma X GmbH wurde 1978 gegründet. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte auch in 1978. Das Stammkapital der Firma X GmbH betrug zum 1. Januar 1990 450.000,00 DM. Mit Gesellschafterbeschluss vom 26. November 1990 wurde das Stammkapital der Gesellschaft um 50.000,00 DM auf 500.000,00 DM erhöht. Neben den Klägern Eheleute A und B war der Vater der Klägerin C an der Firma in den Streitjahren beteiligt. Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich wie folgt dar:

Kalenderjahr

B

A

C

1991

50.000,00 DM

50.000,00 DM

400.000,00 DM

1992

50.000,00 DM

400.000,00 DM

50.000,00 DM

1993

50.000,00 DM

400.000,00 DM

50.000,00 DM

1994

50.000,00 DM

400.000,00 DM

50.000,00 DM

1995

50.000,00 DM

400.000,00 DM

50.000,00 DM

In den Jahren 1991 bis 1995 war C alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Mit Gesellschafterbeschluss vom 9. Juni 1992 wurde der Kläger zum weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Die Klägerin war in den Jahren 1991 bis 1995 als Prokuristin der Firma X GmbH berechtigt, die Gesellschaft allein zu vertreten.

Am 6. August 1998 durchsuchte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts aufgrund von am 30. Juli 1998 durch das Amtsgericht erlassenen Durchsuchungsbeschlüssen im Ermittlungsverfahren gegen C sowie A und B wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung u.a. die Geschäfts-, Büro- und sonstigen Betriebsräume der Firma X GmbH sowie die Wohn- und Nebenräume der Kläger. Die Beschuldigten wurden verdächtigt, eine gemeinschaftliche Steuerhinterziehung begangen zu haben, indem sie als Anteilsinhaber bzw. als Geschäftsführer (C und B) und Leiterin der Abteilung Rechnungswesen und Organisation (A) den Entschluss fassten, die erzielten Einnahmen unvollständig aufzuzeichnen und gegenüber den Finanzbehörden für die Kalenderjahre 1993 bis 1995 unrichtige Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteuererklärungen einreichten und so bewirkten, dass das zuständige Finanzamt die Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer für die entsprechenden Kalenderjahre zu niedrig festsetzte. Die Einleitung des Strafverfahrens wurde den Klägern im Rahmen der Durchsuchung bekanntgegeben. Die Erweiterung des Strafverfahrens hinsichtlich der Gewerbe und Körperschaftsteuerhinterziehung für die Jahre 1991, 1992 und 1996 sowie Umsatzsteuerhinterziehung 1996 wurde B noch am 6. August 1998 und A am 12. August 1998 bekanntgegeben.

Im Rahmen dieser Prüfung wurde festgestellt, dass Umsätze nicht in der Buchführung der GmbH erfasst worden waren und dementsprechend inhaltlich unrichtige Steuererklärungen für die Gesellschaft abgegeben wurden.

Die Hinterziehung wurde wie folgt umgesetzt: Die Kläger verkauften zusammen mit dem in der Firma angestellten ...leiter unter zwei verschiedenen Namen und Adressen an die Kunden. Für einen Teil der Ware stellten sie Bestellscheine und Rechnungen auf den richtigen Namen und die richtige Adresse der Kunden aus, für den anderen Teil auf einen erdachten Namen und eine erdachte Adresse. Der Leiter teilte die Bestellungen der Kunden auf zwei Namen und Adressen auf und erfasste sie entsprechend. Er nahm für die Kläger die Gelder der Kunden entgegen, die jeweils die auf sie persönlich und die auf die Fantasienamen ausgestellten Rechnungen bezahlten. Teilweise kassierten die Kläger auch selbst. In der Buchhaltung erfassten die Kläger – anders als in den Kundeneinzelstatistiken - nicht alle Umsätze, die sie den erdachten Namen und Adressen zugeschrieben hatten. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Strafurteil des Landgerichts vom verwiesen.

Bei den nicht erfassten Umsätzen handelte es sich um zusätzliche Betriebseinnahmen, die von der Gesellschaft nicht erfasst und somit der Besteuerung entzogen wurden. Auf dieser Grundlage wurden folgende verdeckte Gewinnausschüttungen ermittelt:

Kalenderjahr

verdeckte Gewinnausschüttung

1991

384.207,00 DM

1992

331.996,00 DM

1993

451.182,00 DM

1994

576.861,00 DM

1995

440.960,00 DM

Die verdeckten Gewinnausschüttungen wurden den Kläge...

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