Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass eines Feststellungsbescheides gemäß § 251 Abs. 3 AO 1977 nach Vornahme der Schlussverteilung im Gesamtvollstreckungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Bestreitet der Gesamtvollstreckungsverwalter während des Gesamtvollstreckungsverfahrens das Bestehen eines Steuerschuldverhältnisses, ist ein Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO 1977 auch dann noch zu erlassen, wenn das Schlussverzeichnis bereits erstellt und bestätigt und die Schlussverteilung bereits vorgenommen wurde.

 

Normenkette

AO 1977 § 251 Abs. 3; GesO § 18 Abs. 1, 2 S. 3, § 14 Abs. 1, § 17

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte nach Erstellung und Bestätigung des Schlußverzeichnisses noch zum Erlaß eines Feststellungsbescheides nach § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) berechtigt war.

Das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Klägerin wurde am 30. September 1992 eröffnet. Der Beklagte meldete die Abgabenforderungen zunächst mit Schreiben vom 14. Dezember 1992 beim Verwalter an. Ein Teilbetrag in Höhe von 5.527,40 DM wurde vom Verwalter anerkannt; die übrigen Forderungen wurden endgültig bestritten (Schreiben vom 04. November 1997- Blatt 11 der Rechtsbehelfsakte). Im Zuge der weiteren Abwicklung des Gesamtvollstreckungsverfahrens wurde das Schlußverzeichnis erstellt, bestätigt und die Schlußverteilung vorgenommen. Der Schlußtermin fand am 22. Juli 1998 statt; das Verfahren ist jedoch noch nicht beendet (Blatt 57 der Rechtsbehelfsakte).

Am 12. April 1999 erließ der Beklagte den streitigen Feststellungsbescheid. Auf den Einspruch der Klägerin stellte der Beklagte unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 12. April 1999 die Abgabenforderungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) auf 48.879,59 DM und die Abgabenforderungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO auf 3.402,00 DM fest. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen (Einspruchs-entscheidung vom 06. Juni 2000 – Blatt 121 der Rechtsbehelfsakte).

Die Klägerin trägt im wesentlichen vor, gemäß § 14 Abs. 1 GesO sei eine Aufnahme verspätet eingehender Forderungsanmeldungen in das Vermögensverzeichnis nur dann möglich, wenn die Verspätung unverschuldet war. Darüber hinaus sei nach Bestätigung des Verteilungsvorschlages gemäß § 18 Abs. 1 GesO eine Anerkennung verspätet angemeldeter Forderungen nicht mehr zulässig. Es könne mithin dahingestellt bleiben, ob die Forderungen der Finanzverwaltung berechtigt seien oder nicht. Die Anmeldung sei verspätet eingegangen und könne daher nicht mehr in das Forderungsverzeichnis aufgenommen werden. Da die Schlußverteilung bereits stattgefunden habe, sei unerheblich, daß das Gesamtvollstreckungsverfahren noch nicht vollendet sei.

Hilfsweise werde darauf verwiesen, daß der Verwalter zwischenzeitlich für die Zeiträume bis zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens Jahresabschlüsse und Steuererklärungen gefertigt habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Feststellungsbescheid vom 11. April 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 06. Juni 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Es sei unzutreffend, daß das Finanzamt durch den Erlaß des Feststellungsbescheid bzw. der Einspruchsentscheidung die Aufnahme in das Forderungsverzeichnis begehre. Vielmehr seien lediglich die bestrittenen Ansprüche der Höhe und dem Vorrecht gemäß § 17 GesO nach festgestellt worden. Das Verfahren nach § 251 Abs. 1 AO sei erforderlich, da einerseits unter den Bedingungen des Gesamtvollstreckungsverfahrens keine Steuerbescheide mehr erlassen werden dürften. Andererseits handele es sich bei den zugrunde liegenden Steueransprüchen um Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis, über dessen Bestehen oder Nichtbestehen das Finanzamt durch Verwaltungsakt entscheide.

Zum weiteren Vorbringen des Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 27. November 2000 und vom 25. April 2001 verwiesen.

Am 11. April 2001 erließ der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid und stellte die folgenden Forderungen fest:

Hauptforderung

Fälligkeit

Abgabenforderungen gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 3 GesO:

- Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 1992

1.727,30 DM

13.05.92

- Umsatzsteuer Abschlußzahlung 1992

2.735,50 DM

Abgabenforderungen gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO:

- Rückforderung Investitionszulage 1990

2.390,00 DM

- Zinsen zur Investitionszulage

115,00 DM

- Rückforderung Investitionszulage 1990

324,00 DM

Der Bescheid war wie folgt erläutert: „Dieser Bescheid ändert den mit Klage angefochtenen Feststellungsbescheid in Form der Einspruchsentscheidung. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 130 Abs. 1 AO teilweise zu widerrufen, da aufgrund ihres Erlassantrages die Säumniszuschläge erlassen wurden. Ferner wurden am 21. Dezember 2000 Steuererklärungen eingereicht, aufgrund dessen das Feststellungsinteresse des Finanzamtes gemäß § 251 Abs. 3 AO teilweise entfallen ist.” (Blatt 48 der Gerichtsakte).

Die Beteiligten haben auf mündliche Verha...

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