Entscheidungsstichwort (Thema)

Passivlegitimation für eine Untätigkeitsklage nach einem Wechsel in der örtlichen Zuständigkeit der Finanzämter. Einkommensteuer 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist wegen des Umzugs des Steuerpflichtigen nunmehr ein anderes Finanzamt örtlich zuständig und hat das bisher zuständige Finanzamt ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes bislang nicht über einen Einspruch des Steuerpflichtigen eintschieden, so ist eine Untätigkeitsklage gegen das neu zuständige Finanzamt zu erheben, wenn dieses keine abweichende Zuständigkeitsvereinbarung nach § 26 Satz 2 AO mit dem früher zuständigen Finanzamt getroffen hat. Eine gleichwohl gegen das früher zuständige FA erhobene Untätigkeitsklage ist unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 63 Abs. 2 Nr. 2; AO 1977 § 26 S. 2; FGO § 46 Abs. 1; AO 1977 § 19 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Untätigkeitsklage wegen Einkommensteuer 1999.

Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1999 vom 24. April 2001 setzte der Beklagte – das Finanzamt D. – die Einkommensteuer auf DM 13.091,– fest. Er erkannte dabei geltend gemachte Werbungskosten nicht an. Hiergegen legte der Kläger am 15. Mai 2001 Einspruch ein. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Am 18. Januar 2002 teilte der Kläger mit, dass er zwischenzeitlich nach M.erzogen sei.

Am 10. Juni 2002 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Das Finanzamt D. habe innerhalb angemessener Frist nicht über seinen Einspruch entschieden. Die Versagung des geltend gemachten Werbungskostenabzuges sei nicht gerechtfertigt. Wegen des Vorbringens im einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 10. Juni 2002 Bezug genommen.

Das Finanzamt D. sei örtlich zuständig, die Einspruchsentscheidung zu erlassen. Denn das Finanzamt D. habe sieben Monate nach Kenntnisnahme vom Wohnsitzwechsel die Akten noch nicht nach M.übersandt. Daher sei davon auszugehen, dass es das Einspruchsverfahren entsprechend § 367 Abs. 1 Satz 2 AO iVm. § 26 Satz 2 AO konkludent fortgeführt habe. Das Finanzamt in M.habe dieser Verfahrensweise konkludent zugestimmt.

Das Finanzamt D. sei auch zur Fortführung des Verwaltungsverfahrens gemäß § 26 Satz 2 AO verpflichtet. Zwar stehe dem Finanzamt bei dieser Frage ein Ermessensspielraum zu. Es sei nicht ersichtlich, dass das Finanzamt von diesem Ermessen Gebrauch gemacht habe. Es liege auch eine Ermessensreduzierung auf Null vor, da nur die weitere Bearbeitung des Verfahrens durch das Finanzamt D. ermessensgerecht sei. Im einzelnen wird insoweit auf den Schriftsatz vom 13. August 2002 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

in Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 24. April 2001 Werbungskosten wie in der Einkommensteuererklärung erklärt der Besteuerung zugrundezulegen und

hilfsweise,

das Klageverfahren auszusetzen und das Finanzamt zu verpflichten, innerhalb von zwei Wochen nach Klageerhebung über den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 zu entscheiden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

da das Finanzamt M. für den Erlaß einer Einspruchsentscheidung zuständig sei. Dass die Aktenabgabe erst einige Monate nach Wechsel der Zuständigkeit erfolgt sei, ändere hieran nichts. Das Finanzamt M. habe mittlerweile auch eine eigene Steuernummer für den Kläger vergeben. Eine Zuständigkeitsvereinbarung iSd. § 26 Satz 2 AO sei nicht getroffen worden. Sie könne auch nicht erzwungen werden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig, da sie sich gegen den falschen Beklagten richtet.

Gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 2 FGO sind Untätigkeitsklagen, in denen vor Entscheidung über den Einspruch eine andere als die ursprünglich zuständige Behörde zuständig geworden ist, gegen die Behörde zu richten, die im Zeitpunkt der Klageerhebung für den Steuerfall örtlich zuständig ist. Örtlich zuständig bei Klageerhebung war das zuständige Finanzamt in M.und nicht das Finanzamt D., gegen das sich die Klage richtet.

1. Da das Vorverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 noch nicht abgeschlossen ist und eine Sprungklage wegen Verstreichens der Klagefrist nicht in Betracht kommt, ist die Klage nur als Untätigkeitsklage iSd. § 46 FGO zulässig.

2. Im Zeitpunkt der Erhebung der Klage war das Finanzamt D. für den Steuerfall nicht mehr zuständig.

Gemäß § 19 Abs. 1 AO ist für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige den Wohnsitz hat, an dem er sich vorwiegend aufhält. Gemäß § 26 Satz 1 AO geht die Zuständigkeit bei einem Wohnsitzwechsel auf das Finanzamt des neuen Wohnsitzes über, wenn eine der beiden betroffenen Finanzbehörden von dem Wohnsitzwechsel erfährt.

Im Streitfall hat das Finanzamt D. im Januar 2002 von dem Wohnsitzwechsel nach M.erfahren. Zu diesem Zeitpunkt, also vor Klageerhebung, ist das in M.zuständige Finanzamt f...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge