Häufig nehmen Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ihren Urlaub nicht vollständig. Aus betrieblichen oder auch privaten Gründen übertragen sie Resttage ihres ihnen für das abgelaufene Jahr zustehenden Urlaubs in das folgende Urlaubsjahr.

Das Urlaubsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Stimmt auch das Geschäfts- oder Wirtschaftsjahr des Unternehmens mit dem Kalenderjahr überein, haben die Arbeitnehmer, soweit sie den Urlaub im abgelaufenen Jahr noch nicht genommen haben, gewissermaßen aus Sicht des folgenden Jahres "vorgearbeitet". Das Unternehmen schuldet ihnen also am Bilanzstichtag hierfür das Entgelt.

 
Hinweis

Rückstellungspflicht in Handels- und Steuerbilanz

Für diese Verpflichtung ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden – und zwar sowohl in der Handels- wie auch der Steuerbilanz.[1]

15.1 Handelsrechtliche Bewertung

Handelsrechtlich ist bei der Bewertung der Lohn- und Gehaltsaufwand des abgelaufenen Geschäftsjahres zugrunde zu legen unter Berücksichtigung der im folgenden Geschäftsjahr geltenden Löhne und Gehälter. Lohnerhöhungen im folgenden Geschäftsjahr sind daher bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen.

 
Praxis-Beispiel

Berücksichtigung von Lohnerhöhungen

Das Urlaubsjahr und das Wirtschaftsjahr des Unternehmens U stimmen mit dem Kalenderjahr überein. Insgesamt haben die Arbeitnehmer für das Jahr 01 am 31.12.01 noch 120 Tage Urlaub nicht genommen. Für das Jahr 02 wurden noch im Dezember 01 die Tarifverträge gekündigt. Noch vor Aufstellung der Bilanz für das Jahr 01 wurden die neuen Tarifverträge geschlossen, nach denen die Löhne und Gehälter erhöht wurden. U muss daher im Jahr 02, wenn die Arbeitnehmer die für das Jahr 01 rückständigen Urlaube nehmen, die höheren Vergütungen zahlen.

Einzubeziehen sind:

  • die Zuführungen zur Pensionsrückstellung und für ähnliche Sondervergütungen,
  • der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und
  • der Beitrag zur Berufsgenossenschaft.[1]

Bei der Durchschnittsberechnung sind diese Gesamtaufwendungen durch die Zahl der regulären Arbeitstage abzüglich neuen Urlaubsanspruchs und zu erwartender Ausfallzeiten zu dividieren.[2]

[1] Künkele, in Pelka/Petersen, Beck'sches StB-Handbuch 2021/22 18. Aufl. 2021, B, Rz. 1640a.
[2] Schubert, in Beck'scher Bilanz Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 249 HGB Rz. 100 (Urlaub).

15.2 Steuerliche Bewertung

In der Steuerbilanz ist bei der Höhe von dem Erfüllungsbetrag auszugehen, der sich nach den erwarteten Ausgaben aufgrund der Preisverhältnisse am Bilanzstichtag richtet. Auch für die Frage, ob den Arbeitnehmern der Urlaubsanspruch zusteht, kommt es auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag an. Es ist daher für die Höhe der Rückstellung unbedeutend, ob nach dem Bilanzstichtag die Vergütungen erhöht oder Teile des Urlaubsanspruchs verfallen sind.[1] Die Rückstellung richtet sich nach der Geldschuld, die der Unternehmer hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte.[2]

Die rückständigen Urlaubsverpflichtungen sind in Höhe des Urlaubsentgelts zu passivieren, das der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte. Die wirtschaftliche Belastung besteht in der Lohnfortzahlung für die Urlaubstage.[3]

Die Höhe der Rückstellung bemisst sich nach dem den betroffenen Arbeitnehmern zustehenden vertraglichen oder gesetzlichen Urlaubsentgelt, d. h. nach dem Bruttoarbeitsentgelt, einschließlich lohnabhängiger Nebenkosten.[4] Soweit die Höhe des Urlaubsentgelts nicht im Tarifvertrag oder in Einzelverträgen geregelt ist, ist Bemessungsgrundlage das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes.[5]

Eine Abzinsung kommt grundsätzlich nicht in Frage, da die Restlaufzeit am Bilanzstichtag in der Regel weniger als ein Jahr beträgt. Denkbar wäre eine Abzinsung beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH oder AG, soweit sich dieser vertraglich gegen den Verfall der Urlaubstage abgesichert hat. Sollten jedoch in diesem Fall eine Vielzahl von Urlaubstagen aufgelaufen sein, stellt sich auch die Frage, inwieweit überhaupt noch mit einer ernsthaften Inanspruchnahme zu rechnen ist.[6]

15.3 Berechnungsschemata

Die künftigen Ausgaben können ermittelt werden

  • individuell für jeden Urlaubsberechtigten nach Maßgabe des geschuldeten Urlaubsentgelts oder
  • im Wege einer Durchschnittsberechnung für die Belegschaft. In diesem Fall sind die Kosten zu dividieren

    • steuerrechtlich durch die Zahl der regulären (regelmäßigen) Arbeitstage (aus Vereinfachungsgründen...

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