Nach handelsrechtlichen Grundsätzen sind alle Bewertungsparameter einer Rückstellung zu jedem Bilanzstichtag nach Maßgabe des Stichtagsprinzips zu überprüfen. Ggf. ändert sich die Schätzung des Verpflichtungsbetrags und die Rückstellung ist anzupassen.

Dies gilt auch für den Fall, dass sich innerhalb der Vertragslaufzeit die Parteien auf eine Verlängerung des Rechtsverhältnisses einigen, das der Bildung einer echten Ansammlungsrückstellung bzw. Verteilrückstellung zugrunde liegt. Ab dem Zeitpunkt der Verlängerung (z. B. eines Pachtvertrags) muss die Verteilung des (ggf. anzupassenden Verpflichtungsbetrags) über die neu geschätzte Laufzeit erfolgen.[1]

Dies gilt auch steuerlich, was der BFH mit Urteil vom 2.7.2014 bestätigt hat. Danach ist auch beim Ausweis von Rückstellungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb zuständig ist, das Stichtagsprinzip zu beachten ist. Wird bspw. das einer Beseitigungspflicht für Bauten auf fremdem Grund und Boden zugrunde liegende Rechtsverhältnis (hier: Miet- und Pachtvertrag) über das zunächst festgelegte Vertragsende hinaus fortgesetzt, ist dieser verlängerte Nutzungszeitraum auch dem Rückstellungsausweis zugrunde zu legen.[2]

Im entschiedenen Fall war streitig, ob eine Rückstellung für die Pflicht zur Entfernung von baulichen Anlagen auf einem gepachteten Grundstück, die bis zum Ablauf der ursprünglichen Mietdauer bereits vollständig angesammelt ist, bei einer späteren Verlängerung der ursprünglichen Pacht-/Mietdauer anteilig aufgelöst werden muss.

Das Finanzamt war der Ansicht, bei Verlängerung eines Miet- oder Pachtvertrags oder anderweitiger Fortführung dieses Dauerschuldverhältnisses über den ursprünglich vereinbarten Zeitraum hinaus sei eine bereits gebildete Ansammlungsrückstellung neu zu berechnen und neu auf den Zeitraum vom ursprünglichen Beginn des Nutzungsverhältnisses bis zu dessen voraussichtlichem Ende zu verteilen.

Die Klägerin vertrat demgegenüber die Ansicht, ein neuer Miet- oder Pachtvertrag über das bisher genutzte Grundstück führe nicht zu einer Verlängerung des Ansammlungszeitraums. Vielmehr sei die nach Maßgabe der ursprünglich vereinbarten Nutzungsdauer bereits gebildete Ansammlungsrückstellung beizubehalten und lediglich an die Preisentwicklung zum jeweiligen Bilanzstichtag anzupassen.

Das Niedersächsische FG gab der Klägerin Recht.[3]

Mit o. g. Urteil ist der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt und hat das Urteil des FG Niedersachsen aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 
Praxis-Beispiel

Veränderung einer echten Ansammlungsrückstellung aufgrund einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses, das die Verpflichtung begründet

Es gelten die Ausgangsdaten des Praxis-Beispiels. Allerdings wird nun angenommen, dass sich die X-GmbH und der Verpächter im Dezember 05 auf eine Verlängerung des Pachtvertrages um 5 Jahre bis zum 31.12.10 geeinigt haben.

Damit hat sich der Erfüllungszeitpunkt vom 31.12.05 auf den 31.12.10 verschoben. Dementsprechend berechnet die X-GmbH den Wertansatz der Rückstellung für die Handelsbilanz zum 31.12.05 unter Zugrundelegung der neuen Verteildauer von 10 Jahren (bisher 5 Jahre). Da der nominelle Verpflichtungsbetrag jeweils über die Restlaufzeit verteilt wird, beeinflusst die Verlängerung um 5 Jahre auch die Höhe der Rückstellung ab dem Zeitpunkt der Vertragsverlängerung.

Die X-GmbH geht weiterhin von einer jährlichen Preissteigerung von 2 % jeweils gegenüber den Preisverhältnissen des Vorjahrs aus. Zum 31.12.05 wird der neu geschätzte nominelle Verpflichtungsbetrag zum 31.12.10 der weiteren Bewertung der Rückstellung zugrunde gelegt.

Handelsbilanz

Für die Bewertung in der Handelsbilanz berechnet die X-GmbH den nominellen Verpflichtungsbetrag zum 31.12.10 unter Berücksichtigung der Verlängerung der Verteildauer und der erwarteten Preissteigerungen wie folgt:

Nomineller Verpflichtungsbetrag zum 31.12.10 = 161.728,1 × (1 + 0,02)5 = 178.560,9 EUR

Die X-GmbH wendet die bisherige Rechenmethode unter Verwendung des neu geschätzten nominellen Verpflichtungsbetrags an. Dadurch ändern sich die anteiligen jährlichen nominellen Verpflichtungsbeträge zu den jeweiligen Bilanzstichtagen. Zum 31.12.05 kommt es zu einem Absinken des angesammelten Verpflichtungsbetrags von 129.382,5 EUR zum 31.12.04 auf 89.280,4 EUR zum 31.12.05 (jeweils Spalte g in Tab. 4), da bis zum 31.12.04 ein größerer nomineller Verpflichtungsbetrag angesammelt wurde als dies bei einer Verteildauer von 10 Jahren der Fall wäre.

Der Rückstellungsbetrag zum 31.12.05 i. H. v. 81.261,6 EUR ergibt sich – wie bisher – durch die Anwendung des Diskontierungsfaktors (Spalte i, in Tab. 6) auf den angesammelten Verpflichtungsbetrag zum 31.12.05 (Spalte g, in Tab. 4). Gegenüber dem Rückstellungswert des Vorjahrs i. H. v. 126.721,3 EUR ergibt sich eine Verminderung der Rückstellung von insgesamt 45.459,7 EUR. Die Verminderung lässt sich wiederum in einen Zinsanteil und den "operativen Aufwand" aufteilen:

  • Der Zinseffekt ist in diesem Fall ein Zinsertrag von 8.959,5 EUR ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge