Der Praxishinweis betont an verschiedenen Stellen, dass das innerbetriebliche Kontrollsystem zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten (so im Anwendungserlass zu § 153 AO) = TCMS angemessen sein muss. § 38 EGAO spricht zwar nicht explizit von einer Angemessenheit des Steuerkontrollsystems, allerdings ist unbestritten, dass die Wirksamkeit des Kontrollsystems dessen Angemessenheit voraussetzt.[1]

Kriterien für die Ausgestaltung des angemessenen TCMS nennt der Praxishinweis in Rn. 24. Demnach hängt die Ausgestaltung eines TCMS vor allem von den nachfolgenden Faktoren ab:

Abb. 2 Faktoren für die Angemessenheit des TCMS eines Unternehmens

Damit ist der erste Schritt im Rahmen der Risikoanalyse die Aufnahme des Geschäftsmodells des Unternehmens (oder der Unternehmensgruppe) und der relevanten Aufbau- und Ablauforganisation. Basis dafür ist regelmäßig ein anhand vorhandener Dokumente (Geschäftsberichte, Prozessbeschreibungen, etc.) und ergänzender eigener Recherchen vorstrukturiertes Gespräch mit der Geschäftsleitung, in dessen Rahmen

  • das Umfeld des Unternehmens (nationale oder internationale Ausrichtung der Geschäftstätigkeit; Branche und Betätigungsfelder; Kundenkreis),
  • die Größe und Struktur des Unternehmens (Größe, Rechtsform, Organisationsstruktur, Art und Umfang der Geschäftstätigkeit; Anteilseigner- bzw. Gesellschafterstruktur) sowie
  • die interne Organisation (Grad der Delegation von Aufgaben auf Unternehmensexterne, Grad der arbeitsteiligen Bearbeitung und der unternehmensinternen Delegation von Aufgaben)

vor allem mit dem Fokus auf steuerrelevante Themen erfasst und die Rahmenbedingungen des TCMS bestimmt werden können.

In einem nachfolgenden Interview mit dem CFO, Leiter Steuern, Leiter Rechnungswesen (immer abhängig von der Unternehmensstruktur und Größe) sollten diese Informationen dann vertieft werden. Hier sollte der Fokus darauf liegen, festzustellen, welche Organisationseinheiten an steuerlich relevanten Prozessen mitwirken bzw. steuerlich relevante Informationen bereit stellen (sollten) bzw. benötigen.

Eine zu schnelle Fokussierung nur auf die Buchhaltung bzw. für die Steuerdeklaration Verantwortlichen ist hier zu vermeiden, da zumeist in den Unternehmen mehr Personen/Abteilungen in steuerlich relevante Prozesse involviert sind. Regelmäßig sind das u. a. der Vertrieb, die Personalabteilung, etc. oder auch externe Dienstleister, nicht zuletzt Steuerberater.

Soweit die Geschäftsprozesse nicht bereits gut bekannt und dokumentiert sind, ist es hilfreich, insbesondere den Vertriebsprozess von der Anbahnung bis zur Faktura, den Einkaufsprozess von der Bedarfsmeldung bis zur Zahlung der Rechnung und weitere mögliche steuerrelevante Prozesse, wie z. B. die Einstellung von Zeitarbeitskräften oder freien Mitarbeitern (liegt ggf. Scheinselbstständigkeit vor?), zumindest grob aufzunehmen.

Siehe dazu auch die nachstehende Abbildung zur Verdeutlichung, in welchen Prozessen/Bereichen steuerlich relevante Entscheidungen getroffen oder welche Bereiche für die Einhaltung steuerlicher Vorschriften (mit-)verantwortlich sein können.

Abb. 3: Steuerrelevanz von Prozessen über die Wertschöpfungskette

Ergänzend können im Nachgang im Rahmen einer Anforderungsliste weitere vertiefende Informationen und Dokumente angefordert werden.

Aus den im Rahmen dieser Gespräche gewonnenen Erkenntnissen kann abschließend abgeleitet werden, welche Prozesse und Bereiche im nächsten Schritt eingehender untersucht werden müssen.

[1] Für eine Diskussion der beiden Begriffe siehe auch Fischer/Schuck, NZG 2021 S. 534.

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