Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wurde für nach dem 31.12.2020 ausgeführte sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation (§ 13b Abs. 2 Nr. 12 UStG) erweitert, sofern

  • der Leistungsempfänger ein unternehmerischer sog. Wiederverkäufer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht,
  • und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist.
 
Praxis-Tipp

Wann ist der Leistungsempfänger ein sog. Wiederverkäufer?

Der Leistungsempfänger ist ein sog. Wiederverkäufer i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 12 UStG, wenn

  • er mehr als die Hälfte der von ihm erworbenen Leistungen weiterveräußert und
  • sein eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist. Dies ist der Fall, wenn er nicht mehr als 5 % der erworbenen Leistungen zu eigenen (unternehmerischen und nichtunternehmerischen) Zwecken verwendet. Maßgeblich sind grundsätzlich die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr. Bei Neugründungen gilt dies ebenfalls, wenn erkennbar mit der Ausführung solcher Leistungen begonnen wurde und voraussichtlich die Grenzen eingehalten werden.

    Ausnahme: Bei einem eigenen Verbrauch von mehr als 5 %, aber nicht mehr als 10 % gelten die Voraussetzungen dennoch als erfüllt, wenn die im Mittel der vorangegangenen 3 Jahre zu eigenen Zwecken verbrauchten Leistungen 5 % der in diesem Zeitraum erworbenen Leistungen nicht überschritten haben. Im Unternehmen selbst erzeugte Leistungen bleiben bei der Beurteilung der vorgegebenen Grenzwerte unberücksichtigt. Ob diese veräußert oder im Unternehmen verwendet werden, ist daher unbeachtlich.

 
Hinweis

Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter

Wohnungseigentümergemeinschaften werden für Telekommunikationsdienstleistungen als Leistungsempfänger nicht zum Steuerschuldner, wenn sie die Leistungen als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen an die einzelnen Wohnungseigentümer weitergeben.[1] Dies gilt selbst dann, wenn sie für diese Umsätze zur Steuerpflicht optieren.[2]

Entsprechendes (kein Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger) gilt auch für Vermieter als Leistungsempfänger von Telekommunikationsleistungen, wenn die Leistungen als nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Nebenleistungen an die einzelnen Mieter weitergegeben werden.[3] Auch hier ist eine Option zur Umsatzsteuer unschädlich.

Von der Wiederverkäufereigenschaft des Leistungsempfängers ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens 3 Jahre befristete Bescheinigung (USt 1 TQ) darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt.[4] Diese Bescheinigung kann nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden.[5]

Derartige Umsätze sind im Vordruckmuster USt 1 A für 2022 vom leistenden Unternehmer in der Zeile 49 (Kennzahl – Kz – 60) und vom Leistungsempfänger nebst Steuer in der Zeile 42 (Kz 84/85) gesondert anzugeben.[6]

Obwohl sich die Erkenntnisse auf Umsatzsteuerbetrug bisher auf die VOIP-Strukturen beziehen, hat der Gesetzgeber alle Telekommunikationsdienstleistungen mit einbezogen, um Ausweichbewegungen auf andere Bereiche zu verhindern.

 
Achtung

Verwendung bzw. Nichtverwendung der Bescheinigung USt 1 TQ: Auswirkungen

Verwendet der Leistungsempfänger die o. g. Bescheinigung USt 1 TQ, obwohl er die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, wird er trotzdem zum Steuerschuldner für die an ihn ausgeführten Telekommunikationsdienstleistungen. Wird ein gefälschter Nachweis verwendet, gilt dies aber nicht, wenn der leistende Unternehmer davon Kenntnis hatte.

Sind die o. g. Voraussetzungen erfüllt, wird der Leistungsempfänger auch dann zum Steuerschuldner, wenn er die Bescheinigung gegenüber dem leistenden Unternehmer nicht verwendet.

Wird die Bescheinigung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen, wird der leistende Unternehmer Steuerschuldner für die von ihm ausgeführten Telekommunikationsdienstleistungen, wenn er dies wusste oder hätte wissen müssen.

Hatte der Leistende in diesen Fällen keine Kenntnis oder hat er keine Kenntnis haben können, wird es beim Leistenden und beim Leistungsempfänger nicht beanstandet, wenn beide einvernehmlich von einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgehen und durch diese Handhabung keine Steuerausfälle entstehen; dies gilt dann als erfüllt, wenn der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert wird.[7]

Die Definition der Telekommunikationsdienstleistungen ist in Abschn. 3a.10 UStAE (zu § 3a UStG) zu finden.

Sind in Organschaftsfällen die Voraussetzungen nicht für den ganzen Organkreis gegeben, wird nur der Teil des Organkreises als Wiederverkäufer angesehen, der die Voraussetzungen erfüllt. Die Rechtsfolgen des § 13b UStG ergeben sich dann nur für diesen jeweiligen Teil des Organkreises.

 
Wichtig

Für den nichtunternehmerischen Bereich bezogene Telekommunikationsleistungen

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