1 Abgrenzung von anderen Prüfungen

 

Rz. 1

Die folgenden Ausführungen befassen sich mit externen, periodischen (jährlichen) Unternehmensprüfungen der Rechnungslegung (z. B. Einzel-Jahresabschluss und Einzel-Lagebericht) privatrechtlicher Unternehmen. Es stehen vor allem privat organisierte Prüfungen, insbesondere solche mit gesetzlicher Grundlage, im Zentrum des Interesses, deren Träger nur Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Wirtschaftsprüfungs- bzw. Buchprüfungsgesellschaften sein können. Hierbei handelt es sich um sog. Vorbehaltsprüfungen, die wegen ihrer Komplexität und Kompliziertheit nur von Personen durchgeführt werden dürfen, die eine bestimmte Qualifikation (Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer) aufweisen.

 

Rz. 2

Weiterhin beschränken sich die Darlegungen in diesem Beitrag auf handelsrechtliche Pflichtprüfungen von Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen. Im Einzelnen werden die Grundlagen der jährlichen Rechnungslegungsprüfung bei den bedeutendsten Formen der Personenhandels- (OHG, KG) und der Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) vermittelt. Mithin bleiben periodische und aperiodische Besonderheiten, die z. B. im Rahmen von Gründungen, Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen, Umwandlungen, Unternehmenszusammenschlüssen, Verschmelzungen, Gesellschafterwechseln, Konkursen und Liquidationen sowie der Besteuerung auftreten, unberücksichtigt.[1]

[1] Vgl. Freidank, Unternehmensüberwachung, 2012, S. 354 ff; IDW, WP Handbuch, 14. Aufl. 2014, Band II, S. 447 ff.; "Abschlussprüfung nach Handelsrecht – Unternehmen von öffentlichem Interesse"; "Konzernabschlussprüfung".

2 Wichtige Reformen von Rechnungslegung und Prüfungswesen

 

Rz. 3

Prinzipiell zielen die Reformbestrebungen in den Bereichen Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung der unternehmerischen Tätigkeiten darauf ab, zum Zwecke der Vergleichbarkeit und der Sicherheit der mit den Instrumenten der Rechnungslegung übermittelten Informationen international einheitliche und anerkannte Rechnungs- und Prüfungsgrundsätze zu schaffen. Dieser Harmonisierungsprozess wurde durch die zahlreichen Wirtschafts- und Bilanzskandale in jüngerer Zeit noch beschleunigt und soll im Kern zur Stärkung des Anlegervertrauens in die Richtigkeit von Unternehmensinformationen sowie zur Stabilität der Kapitalmärkte beitragen. Vor dem Hintergrund der mit diesen Umbruchprozessen verbundenen Transformationsdynamik internationaler Standardsetter, des Gesetzgebers, der Berufsverbände und/oder der Aufsichtsbehörden in verbindliche Rechnungslegungs- und Überwachungsvorschriften fällt es allen Betroffenen schwer, den Überblick zu behalten bzw. sich auf neue Anforderungen einzustellen.

 

Rz. 4

Der deutsche Gesetzgeber hat bereits seit 1998 mit Gesetzesänderungen, die vielfach durch Richtlinien und Verordnungen der EU ausgelöst wurden, auf den Harmonisierungsbedarf von Rechnungslegungs- und Prüfungsvorschriften reagiert. Vor allem die auch international geforderte Verringerung der Erwartungslücke (Expectation Gap) zwischen dem Informationsbedürfnis der Adressatengruppen des Prüfungsergebnisses bezüglich der Ordnungs- und Gesetzmäßigkeit der Rechnungslegungsobjekte (z. B. Anteilseigner, Investoren, Gläubiger, Kunden, Arbeitnehmer, Öffentlichkeit) einerseits und den Aufgaben der Überwachungsträger (Management, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer) andererseits hat in jüngerer Zeit zu einer erheblichen Verschärfung der handelsrechtlichen Prüfungsvorschriften geführt.

 

Rz. 5

Infolge der im Rahmen des Wirecard-Skandals vorgenommenen Bilanzfälschungen wurde durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) vom 3.6.2021 eine grundlegende Reform des nationalen unternehmerischen Überwachungssystems vorgenommen, die sich primär auf die Abschlussprüfung, die öffentlich-rechtliche Bilanzkontrolle, den Bilanzeid, das Bilanzstrafrecht, das Interne Kontrollsystem und die verpflichtende Errichtung eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat bestimmter Unternehmen bezieht. Insbesondere zielen die umfangreichen gesetzlichen Novellierungen durch das in Rede stehende Artikelgesetz darauf ab, das Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt wiederherzustellen und zu stärken. Das FISG ist zum 1.7.2021/1.1.2022 in Kraft getreten.[1]

Als Ausfluss der jüngeren "europäischen Internationalisierung" des Prüfungswesens sind vor allem die Änderung der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) und des Handelsgesetzbuches (HGB) durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) vom 31.3.2016 und das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) vom 10.5.2016 zu nennen. Beide Artikelgesetze transformieren die Änderung der Richtlinie 2006/43/EU über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen vom 16.4.2014 (sog. Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EU) und die EU-Verordnung Nr. 537/2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse vom 16.4.2014 in deutsches Recht.[2] Während sich im APAReG vor allem Neuerungen zu aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen finden, beinhaltet...

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