Zusammenfassung

Aufgrund spezifischer Regelungen des Europarechts, die zwischenzeitlich auch in die nationalen Gesetze übernommen wurden, unterliegen Unternehmen von öffentlichem Interesse erweiterten Vorschriften im Hinblick auf die Prüfung des Jahres- und Konzernabschlusses sowie des Lage- und des Konzernlageberichts. Hieraus folgt, dass für den deutschen Rechtsraum zwei Regelwerke zu beachten sind. Zum einen gelten für alle prüfungspflichtigen Unternehmen die im Handelsgesetzbuch in § 316 bis 324a HGB kodifizierten (General-)Normen. Darüber hinaus sind von Unternehmen im öffentlichen Interesse die in der EU-Verordnung Nr. 537/43/EU und der Abschlussprüferrichtlinie 2014/56/EU niedergelegten Spezialnormen zu beachten, die im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 1.1.2022 in § 316a HGB aufgenommen wurden. Die zentralen Vorschriften werden im Folgenden dargestellt.

1 Zum Begriff der Unternehmen von öffentlichem Interesse

 

Rz. 1

Nach Art. 2 der EU-Bilanzrichtlinie vom 26.06.2013 sind Unternehmen von öffentlichem Interesse nach EU-Recht wie folgt definiert:

  • Unternehmen, deren übertragbare Wertpapiere auf einem geregeltem Markt zugelassen sind;
  • Kreditinstitute;
  • Versicherungsunternehmen;
  • Unternehmen, die von Mitgliedstaaten von öffentlichem Interesse bestimmt werden.

Aufgrund des öffentlichen Interesses unterliegen diese Unternehmen [Public Interest Entities ("PIES")] innerhalb des Rechtsraums der EU besonderen Regelungen, die sich auf die Rechnungslegung und Unternehmensüberwachung beziehen.

 

Rz. 2

Der deutsche Gesetzgeber definiert in Anlehnung an die Vorgaben der EU den Begriff der Unternehmen von öffentlichem Interesse wie folgt:[1]

 

Rz. 3

Auf die Abschlussprüfung der Unternehmen von öffentlichem Interesse sind die Vorschriften des "Dritten Unterabschnitts. Prüfung" des HGB[2] nur insoweit anzuwenden, als nicht die Verordnung über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse v. 16.4.2014 (EU-APrVO)[3] anzuwenden ist.[4]

Hieraus folgt, dass bei prüfungspflichtigen Unternehmen, die nicht zu den Unternehmen von öffentlichem Interesse gehören ("Non-PIES"), die allgemeinen Vorschriften des "Dritten Unterabschnitts. Prüfung" des HGB zu beachten sind. Dies gilt sowohl für die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts als auch für die Prüfung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts.[5]

Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse sind hingegen neben den allgemeinen Vorschriften des "Dritten Unterabschnitts. Prüfung" des HGB die speziellen Regelungen der EU-APrVO sowohl bei der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts als auch bei der Prüfung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts zu beachten. Die zusätzlichen Regelungen der EU-APrVO sind grundsätzlich auf alle Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 17.6.2016 enden.[6]

Darüber hinaus haben zwischenzeitlich Regelungen, die die Rechnungslegung und Prüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse betreffen, expliziten Eingang in eine Vielzahl von Vorschriften des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechts gefunden.

Ziel der EU-AprVO ist es, die Transparenz auf dem Wirtschaftsprüfermarkt zu verbessern, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Jahres- und Konzernabschluss von Unternehmen von öffentlichem Interesse zu stärken.

[2] Vgl. § 316 bis 324a HGB.
[3] Vgl. Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.4.2015 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses der Kommission, in Amtsblatt der Europäischen Union v. 27.5.2014, L 158/77-L 158/112; Amtsblatt der Europäischen Union v. 11.6.2014, L 170/66.
[5] Vgl. "Prüfung des Jahresabschlusses: Abschlussprüfung nach Handelsrecht"; "Konzernabschlussprüfung".
[6] Vgl. § Art. 44 EU-AprVO.

2 Anforderungen an die Abschlussprüfung nach EU-APrVO

2.1 Regelungen betreffend den Abschlussprüfer

2.1.1 Auswahlverfahren

 

Rz. 4

Gemäß Art. 16 Abs. 2 EU-AprVO ist der Vorschlag des Aufsichtsrats zur Wahl des Abschlussprüfers an die Empfehlung des Prüfungsausschusses (PrA) gebunden. Diese Regelung wurde auch in § 124 Abs. 3 Satz 2 AktG aufgenommen. Die Empfehlung des PrA für die Bestellung des Abschlussprüfers ist zu begründen und muss mindestens 2 Vorschläge für das Prüfungsmandat enthalten, wobei der PrA unter Angabe von Gründen seine Präferenz für einen der beiden Vorschläge zum Ausdruck zu bringen hat. Ferner ist die Empfehlung des Prüfungsausschusses an ein Auswahlverfahren gebunden, das von dem geprüften Unternehmen nach Maßgabe von Art. 16 Abs. 3 EU-AprVO durchgeführt werden muss. In diesem Zusammenhang darf ein Abschlussprüfer, der die EU-rechtlichen Vorgaben nicht erfüllt, vom Aufsichtsrat/PrA nicht empfohlen und vorgeschlagen werden.[1]

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