Ein weiterer Prozess, in welchem prozessbezogenes Datenmanagement einen großen Mehrwert generiert, ist der Order to Cash-Prozess. Der Order to Cash-Prozess beinhaltet alle Aktivitäten vom Kundenauftrag über die Auftragsabwicklung bis hin zum Zahlungseingang und wird durch den Vertrieb, die Logistik, die Buchhaltung und den Kundenservice ausgeführt. Unternehmen wie Siemens, Johnson & Johnson und L’Oréal setzen prozessbezogenes Datenmanagement in der Auftragsabwicklung primär ein, um Kreditprüfungen zu beschleunigen, Änderungsanfragen und Nachbesserungen zu verringern, die Kundenzufriedenheit zu steigern und um termingerechte Lieferungen zu maximieren.[1]

Verbesserungen im Auftragsabwicklungsprozess können durch herkömmliche Prozessoptimierungsansätze nur bedingt erreicht werden, denn diese sind i. d. R. zu statisch, liefern einmalige Momentaufnahmen, sind ressourcenintensiv und unterliegen meist den persönlichen Prozesswahrnehmungen der Mitarbeiter.[2]

Vor diesen Herausforderungen stand Siemens, als es sich Anfang 2016 dazu entschied, den Auftragsabwicklungsprozess im globalen Programm "Order Management for Tomorrow" zu optimieren. Ziel war es die Backoffice-Prozesse im Vertrieb in den einzelnen Regionen weiter zu automatisieren, manuelle Nacharbeiten zu reduzieren und Kosten zu senken. Die einzelnen Regionen, in welchen Siemens tätig ist, bewerkstelligen ihre Auftragsabwicklungsaktivitäten alle in ERP-Systemen.[3]

Siemens führte alle Datenpfade aus den Systemen in ein globales Order to Cash (O2C) Datenmodell zusammen und stellte die Ergebnisse in einem O2C Monitor dar. Das eingeführte Process Mining Tool analysierte mehr als 70 Millionen Kundenauftragspositionen aus über 90 Ländern. Es konnte 1,5 Millionen Prozessvarianten im Auftragsabwicklungsprozess von Siemens feststellen. Zudem identifizierte das Process Mining Tool, dass 36 % aller Aufträge nachträglich bearbeitet wurden und es im gesamten Prozess eine Automatisierungsquote von 63 % gab. Als neue Steuerungsgröße führte Siemens daher die "Digital Fit Rate" als Key Performance Indikator ein.

Die Digital Fit Rate zeigt auf ob und in welchen Fällen ein Zusammenhang von manuellen Tätigkeiten und Nacharbeiten besteht, um gezielt Verbesserungen vornehmen zu können. Des Weiteren wurden Standardberichte aus dem Process Mining Tool den globalen Siemens-Teams zur Verfügung gestellt, um ihre Leistungen zu vergleichen, zusammen zu arbeiten und Best Practices zu erkennen und zu implementieren.

Durch diese Maßnahmen sowie die Steigerung der Effizienz elektronischer Kundenaufträge konnte Siemens seine Automatisierungsrate um 24 % erhöhen. Zusätzlich konnten die Prozessvarianten minimiert und weltweite Nacharbeiten um 10 Mio. manuelle Eingriffe pro Jahr reduziert werden.

Mittlerweile setzt Siemens prozessbezogenes Datenmanagement auf einer der weltgrößten SAP HANA In-Memory-Datenbankinstallation ein, welche mit mehr als 70 ERP-Systemen verknüpft ist. Dadurch ist es möglich, dass jährlich über 30 verschiedene Ende zu Ende Prozesse in Echtzeit analysiert werden. Hierzu gehören unter anderem Prozesse in den Abteilungen Operations & Manufacturing, das Bestandsmanagement und der P2P-Prozess.[4]

Insgesamt ist prozessbezogenes Datenmanagement für Siemens ein voller Erfolg. Siemens erzielt jährliche Kosteneinsparungen von mehr als 10 Mio. Euro.[5]

[1] Vgl. Scheer Group, o.J.
[2] Vgl. Kerremans et al., 2021.
[3] Vgl. Nguyen, 2020, S. 49-53.
[4] Vgl. Nguyen, 2020, S. 49-53.
[5] Vgl. Nguyen, 2020, S. 49-53.

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