Ein beispielhafter Prozess in welchem prozessbezogenes Datenmanagement einen großen Mehrwert generiert, ist der Procure to Pay Prozess (P2P-Prozess). Im P2P-Prozess wird prozessbezogenes Datenmanagement eingesetzt, um die Ausgaben der Beschaffungs- und Einkaufsabteilungen zu optimieren, Betriebskapital freizusetzen, Fehlkäufe zu verringern und die Produktivität zu erhöhen, indem z. B. wiederkehrende, nicht wertschöpfende Prozessschritte automatisiert werden.[1] Konzerne wie die Deutsche Telekom, Siemens und BMW, aber auch mittelständische Unternehmen haben bereits die Effizienz ihres P2P-Prozesses signifikant gesteigert.

Die Deutsche Telekom erreichte mittels prozessbezogenem Datenmanagement eine Einsparung von mehreren Millionen Euro, indem der P2P-Prozess im Multi-Shared-Service Center analysiert und optimiert wurde. Das Multi-Shared-Service Center erbringt für den Konzern operative Einkaufs-, Buchhaltungs-, HR- und Reporting-Tätigkeiten.

[1] Vgl. Krishnan, 2021.

3.1.1 Herausforderungen vor der Einführung von Process Mining

Vor der Einführung des Process Mining Tools gab es für diese Bereiche Berichte mit Key Performance Indikatoren je Funktion, nicht jedoch für den Gesamtprozess P2P. Zudem lagen die Ergebniswerte der Kennzahlen zu diesem Zeitpunkt nicht in Echtzeit vor. Das Management konnte somit nur auf Basis "historischer" Daten Entscheidungen treffen. Eine weitere Herausforderung bestand im unvollständig dokumentierten P2P-Prozess, d. h. der tatsächliche Ablauf i. S. v. durchgeführten Aktivitäten, Durchlaufzeiten, Engpässen im Ablauf oder auch Kostentreibern war nicht transparent.[1] Jedes Jahr bearbeitet das Multi-Shared-Service-Center über 2 Mio. Bestellpositionen mit einem Bestellvolumen von mehr als 7 Mrd. Euro und fast 9 Millionen Rechnungen. Bei dieser Masse an Transaktionen kann jede Ineffizienz Millionenverluste für das Unternehmen bedeuten; ein effizienter Prozess ist daher besonders wichtig.[2]

[1] Vgl. Lillig, 2020, S. 170-178.
[2] Vgl. Celonis, o.J.

3.1.2 Implementierung von Process Mining

Durch die Einführung eines Process Mining Tools gelang es dem Multi-Shared-Service Center die Optimierung der Prozesse mit vernetzen Daten und Informationen und prozessualen Abhängigkeiten ganzheitlich anzugehen. Während in der Vergangenheit Prozesse nur anhand des bekannten, dokumentierten Prozesses und nur punktuell optimiert wurden, identifizierte das Unternehmen durch die Implementierung des Process Mining Tools Celonis und die Anbindung des Tools an 10 Quellsysteme den tatsächlichen Ende-zu-Ende Beschaffungsprozess.[1]

Der tatsächliche Beschaffungsprozess zeigte unter anderem, dass viele doppelte Zahlungen an Händler getätigt wurden, die zu hohen Cash-Verlusten und Ertragsminderung führten und dass Zahlsperren die Nutzung von Skonti verhinderten. Auf Basis der identifizierten Ineffizienzen leitete das Unternehmen Optimierungsmaßnahmen ab, um die Prozessdurchlaufzeit zu verkürzen, doppelte Zahlungen und Skontoverluste zu vermeiden und die Skontonutzung zu maximieren.

[1] Vgl. Lillig, 2020, S. 170-178.

3.1.3 Nutzen durch die Einführung von Process Mining

Durch die Automatisierung einzelner Prozessschritte wurde die Automatisierungsrate signifikant gesteigert, sodass Kapazitäten für den strategischen Einkauf freigesetzt wurden und Bestellungen in über 90 % der Fälle optimal abgewickelt werden. Ausgehende Zahlungen werden analysiert und verglichen und Mitarbeiter auf (mögliche) doppelte Zahlungen hingewiesen. Das Multi-Shared-Service-Center konnte z. B. im Jahr 2019 über 3 Millionen Euro einsparen, indem doppelte Zahlungen frühzeitig identifiziert und blockiert wurden.

Zur Vermeidung von Skontoverlusten identifiziert das Tool, wann sich die Nutzung eines Skontos lohnt oder auch wie Rechnungen zu priorisieren sind, um die Quote fristgerechter Zahlungen zu optimieren und die Skontoverwertung zu maximieren. Das Multi-Shared-Service-Center erreichte so eine Rate pünktlicher Zahlungen von über 90 %.[1]

Zur weiteren Optimierung wurde ein Algorithmus eingeführt, welcher erkennt, ob eine Rechnung CAPEX oder OPEX relevant ist sowie das Zahlungsdatum und die Höhe von CAPEX-relevanten Rechnungen vorhersagt. Ergänzend wurden Ende zu Ende Prozess Key Performance-Indikatoren (z. B. Prozessdurchlaufzeiten, Automatisierungsraten und Skontoverluste) eingeführt, die in Echtzeit gemessen werden und schnelle steuernde Eingriffe in die Prozesse erlauben. Zusätzlich wurde ein Frühwarnsystem für abweichende Key Performance Indikatoren entwickelt.

Die Einführung von prozessbezogenem Datenmanagement im Pilotprozess P2P im Multi-Shared Service Center war so erfolgreich, dass es mittlerweile für 150 Anwendungsfälle im gesamten Telekom-Konzern eingesetzt wird.

[1] Vgl. Celonis, o.J.

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