FinMin Nordrhein-Westfalen, 16.5.2013, S 0284

 

1. Gesellschaften bürgerlichen Rechts in Liquidation (GbR i.L.)

1.1 Eine Personengesellschaft besteht als Liquidationsgesellschaft steuerrechtlich solange fort, bis alle Rechtsbeziehungen, zu denen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem FA gehört, beendet sind. Verwaltungsakte an eine GbR i.L. können daher bis zum Abschluss der Liquidation an diese gerichtet werden (BFH-Urteil vom 22.10.1986, BStBl 1987 II S. 183).

1.2 Den ehemaligen Gesellschaftern steht als Liquidatoren die Geschäftsführungsbefugnis nur gemeinschaftlich zu (§ 730 Abs. 2 BGB). Für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an die GbR i.L. gilt jedoch der allgemeine Grundsatz, dass jeder Gesellschafter einzeln zur Entgegennahme von Erklärungen berechtigt ist (vgl. BFH-Urteile vom 23.1.1986, BStBl 1986 II S. 539, und vom 11.2.1987, BStBl 1987 II S. 325). Das FA ist auch nach § 34 Abs. 2 AO berechtigt, einen Verwaltungsakt für die GbR nur einem der Gesellschafter, der zugleich auch Liquidator ist, bekanntzugeben.

Aus dem Bescheid muss hervorgehen, dass die Bekanntgabe an den Adressaten als Vertreter für die GbR i.L. erfolgt.

1.3 Ist die Liquidation gesellschaftsrechtlich bereits abgeschlossen, ist es i.d.R. unzweckmäßig, Verwaltungsakte noch gegenüber der Gesellschaft zu erlassen. In diesen Fällen sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter (Gemeinschafter) durch Haftungsbescheid geltend zu machen (AEAO zu § 122, Nr. 2.7.3).

 

2. Personenhandelsgesellschaften in Liquidation (oHG/KG i.L.)

2.1 Auch eine Personenhandelsgesellschaft besteht als Liquidationsgesellschaft steuerrechtlich solange fort, bis alle gemeinsamen Rechtsbeziehungen beendet sind.

2.2 Steuerbescheide an die Gesellschaft sind an den nach den Vorschriften des HGB bestellten Liquidator unter Angabe seines Vertretungsverhältnisses bekannt zu geben.

2.3 Ist die Liquidation einer Personenhandelsgesellschaft gesellschaftsrechtlich bereits abgeschlossen, ist es i.d.R. unzweckmäßig, Verwaltungsakte noch gegenüber der Gesellschaft zu erlassen. In diesen Fällen sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter (Gemeinschafter) durch Haftungsbescheid geltend zu machen (AEAO zu § 122, Nr. 2.7.3).

2.4 Die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister wirkt nur deklaratorisch. Stellt sich später heraus, dass noch ein Anspruch geltend zu machen ist, so besteht das Liquidationsstadium weiter. Eine steuerrechtliche Vollbeendigung ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten. Die unzutreffende Löschung im Register kann wieder rückgängig gemacht werden (§ 395 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FamFG). Auch wenn die Löschung noch nicht rückgängig gemacht worden ist, kann die Gesellschaft unter ihrer bisherigen Firma auftreten, klagen und verklagt werden (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.1985, BStBl 1985 II S. 501).

2.5 Sollte die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG bereits im Handelsregister gelöscht sein und sind gegenüber der GmbH & Co. KG noch Verwaltungsakte zu erlassen, ist die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die Komplementär-GmbH entbehrlich. Die ehemaligen Kommanditisten vertreten – jeder einzeln – als gesetzliche Liquidatoren die KG (§§ 161 Abs. 2, 146 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. §§ 150 Abs. 2 Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 HGB). Die Bekanntgabe von Steuerbescheiden für die Gesellschaft ist damit an einen der Liquidatoren ausreichend.

2.6 Eine OHG i.L. wird zu einer GbR i.L. wenn kein Aktivvermögen mehr vorhanden ist und sich auch aus einem noch zu erlassenden Steuerbescheid keine Erstattung (Vermögensanspruch) ergibt. Eine fehlerhafte Bezeichnung ist nicht schädlich (vgl. BFH-Urteil vom 6.3.1985, BStBl 1985 II S. 541). Die Bekanntgabe hat nach Maßgabe der Textziffern 2.2 und 2.3 zu erfolgen.

 

3. Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Gesellschafter

3.1 Gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide können, soweit die gesellschaftsrechtliche Liquidation noch nicht abgeschlossen ist, weiterhin einem gemeinsam bestellten Empfangsbevollmächtigten im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 AO bekannt gegeben werden, falls die Beteiligten oder der Empfangsbevollmächtigte nicht widersprochen haben (§ 183 Abs. 3 AO).

In der Liquidationsphase einer Personengesellschaft ist der Liquidator Empfangsbevollmächtigter i.S. des § 183 Abs. 1 Satz 2 AO.

Ist ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter i.S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 AO nicht vorhanden, kann ein einheitlich und gesonderter Feststellungsbescheid an den Liquidator bekannt gegeben werden.

Bei der Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmächtigten ist nach § 183 Abs. 1 Satz 5 AO in dem Feststellungsbescheid stets darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten erfolgt (AEAO zu § 122, Nr. 2.5.2).

3.2 Nach Abschluss der gesellschaftsrechtlichen Liquidation kann...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge