Rz. 262

Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Die umsatzsteuerliche Organschaft blieb damit von den Änderungen im Rahmen der ertragsteuerlichen Organschaft unberührt. Im Gegensatz zur körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft ist nicht erforderlich, dass eine bestimmte zeitliche Voraussetzung erfüllt ist. Deshalb beginnt die umsatzsteuerliche Organschaft, wenn alle Eingliederungsvoraussetzungen erfüllt sind, wobei dies auch im Laufe eines Kalenderjahres erfolgen kann. Weiterhin ist der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags nicht erforderlich.

 

Rz. 263

Als Organgesellschaft kommt gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur eine juristische Person in Betracht, während als Organträger jedes Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG – also jeder Unternehmer – fungieren kann.[1]

 

Rz. 264

In der Vergangenheit kamen als Organgesellschaften nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, auch wenn diese Auffassung nicht unumstritten war. Der BFH[2] hatte deshalb dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob auch Personengesellschaften taugliche Organgesellschaften sein können. Der EuGH hat mit seinen Entscheidungen v. 16.7.2015 in den Rechtssachen "Larentia + Minerva" sowie Marenave“[3] entschieden, dass eine Personengesellschaft als Organgesellschaft in Betracht kommen kann. Durch die Folgeurteile des BFH[4] und deren Umsetzung seitens der Finanzverwaltung[5] ist – entgegen des eindeutigen Wortlauts des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – auch nach nationalem Recht eine Personengesellschaft grundsätzlich als taugliche Organgesellschaft anzusehen. Voraussetzung ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.[6]

 

Rz. 265

Durch das BMF-Schreiben vom 26.5.2017 wurde eine grundlegende Überarbeitung des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) vorgenommen, insbesondere des Abschnitts A 2.8.[7] Die Änderungen gelten für Umsätze nach dem 31.12.2018 und die Änderungen in A 2.8 Abs. 10 und 12 sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Die übrigen Änderungen sind auf nach dem 31.12.2018 ausgeführten Umsätze anzuwenden. Eine frühere Anwendung wird nicht beanstandet, wenn sich im Organkreis Beteiligte bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerlichen Organschaft auf die entsprechenden Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen berufen.[8]

 

Rz. 266

Die wirtschaftliche Bedeutung der umsatzsteuerlichen Organschaft ist zwar durch Einführung der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug geringer geworden, kann aber weiterhin insbesondere für Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen vorteilhaft sein. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Organträger von seiner Tochtergesellschaft (personalintensive) Dienstleistungen bezieht. In dieser Konstellation kann der Vorteil aus den nichtsteuerbaren Umsätzen der Tochtergesellschaft den Nachteil aus dem Verlust des Vorsteuerabzugs überwiegen. Insbesondere in Verbindung mit steuerfreien Umsätzen lassen sich daher durch die Begründung einer umsatzsteuerlichen Organschaft erhebliche Steuervorteile insbesondere für Banken, Versicherungen, Unternehmen im Bereich ärztlicher Krankenversorgung und ggf. Händler von bebauten Grundstücken erreichen.[9]

 

Rz. 267

Ein Nachteil kann sich bei der umsatzsteuerlichen Organschaft daraus ergeben, dass durch die Zusammenfassung aller Umsätze beim Organträger bestimmte Umsatzgrenzen überschritten werden. Dies kann z. B. in Beförderungs- und Versendungsfällen zu einer Verlagerung des Leistungsortes gem. § 3c UStG in einen anderen EU-Staat mit einem höheren Umsatzsteuersatz führen.

5.2.1 Finanzielle Eingliederung

 

Rz. 268

Eine finanzielle Eingliederung lieg...

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