OFD Frankfurt, 11.7.2017, S 7105 A - 22 - St 110

Bezug: FinMin Hessen, Erlass vom 18.5.2016, S 7105 A-036-II5b
  FinMin Hessen, Erlass vom 1.7.2016, S 7105 A-036-II5b
 

1. Gesetzliche Grundlagen

Rechtsgrundlage für die umsatzsteuerliche Organschaft ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG. Hiernach wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist, Abschn. 2.8 Abs. 1 Satz 1 UStAE.

Organträger und Organgesellschaft bilden das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG, die Umsätze der Organgesellschaft werden dem Organträger zugerechnet. Der Organträger ist Steuerschuldner aus allen von den im Organkreis verbundenen Unternehmensteilen bewirkten Umsätzen.

 

1.1 Finanzielle Eingliederungsfähigkeit von Personengesellschaften

Mit seinen Urteilen vom 2.12.2015, V R 25/13 (BStBl 2017 II S. 547) und 3.12.2015, V R 36/13 (BStBl 2017 II S. 563) hat der BFH entschieden, dass – abweichend vom Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – auch eine Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein kann. Dies gilt allerdings nur, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger ausschließlich Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, sodass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gem. § 709 Abs. 1 BGB gewährleistet ist, vgl. den Abschnitt 2.8 Abs. 5a UStAE.

Die Änderungen des UStAE zur finanziellen Eingliederung einer Personengesellschaft sind auf nach dem 31.12.2018 ausgeführte Umsätze anzuwenden. Eine frühere Anwendung wird nicht beanstandet, wenn sich die am Organkreis Beteiligten bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerlichen Organschaft übereinstimmend auf die Regelungen des BMF-Schreibens vom 26.5.2017 (BStBl 2017 I S. 790) berufen. Eine lediglich umsatzbezogene Berufung ist nicht möglich. Ein Berufungsrecht besteht nur, soweit sämtliche betroffene Steuerfestsetzungen der Beteiligten noch änderbar sind.

 

2. Entscheidung über das Vorliegen einer Organschaft

Hinsichtlich des Vorliegens einer Organschaft kann zwischen den Finanzämtern des Organträgers und der Organgesellschaft nur einheitlich entschieden werden. Im Rahmen einer Erörterung der Umsatzsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wurde daher abgestimmt, dass bezüglich des Vorliegens einer Organschaft die Beurteilung durch das Finanzamt des Organträgers maßgeblich ist.

Damit die materiell-rechtliche Beurteilung zutreffend erfolgen kann, ist es bereits in diesem Stadium erforderlich, einen möglichst umfassenden Informationsaustausch zwischen den beteiligten Finanzämtern bzw. Veranlagungsbezirken herbeizuführen.

 

3. Bestimmung des Beginns der Organschaft

Die Organschaft beginnt in dem Zeitpunkt, in dem sämtliche Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG erfüllt sind. Ab diesem Zeitpunkt sind auch die steuerlichen Konsequenzen zu ziehen. So ist für alle Unternehmensteile des Organkreises nur eine Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. -Erklärung unter der Steuernummer des Organträgers abzugeben und damit nur eine Umsatzsteuerfestsetzung durchzuführen. Umsätze zwischen den Unternehmensteilen stellen nicht steuerbare Innenumsätze dar.

Wurde die Existenz der Organschaft nicht erkannt oder wurde eine Organschaft angenommen, obwohl die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht vorgelegen haben, sind die steuerlichen Folgerungen grundsätzlich auch für die Vergangenheit zu ziehen.

Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn eine Rückabwicklung aus Vereinfachungsgründen im Einvernehmen mit den Beteiligten nicht durchgeführt wird, sofern dem keine materiell-rechtlichen Gründe entgegenstehen bzw. die Steuererhebung nicht gefährdet ist und keine Rechtsbehelfsverfahren wegen USt-Festsetzungen gegenüber der Organgesellschaft anhängig sind.

 

4. Erkennen einer Organschaft

Sofern die Steuerpflichtigen nicht selbst auf eine bestehende Organschaft hinweisen, muss das Finanzamt anhand der vorgelegten Unterlagen erkennen, ob eine Organschaft vorliegt bzw. Ermittlungen anstellen, die zur Klärung des Sachverhalts führen.

Im Veranlagungsbezirk, der den Organträger steuerlich führt, ist insbesondere dann eine umsatzsteuerliche Organschaft zu prüfen, wenn eine Betriebsaufspaltung vorliegt.

Im Veranlagungsbezirk der Organgesellschaft ist in den Gesellschaftsverträgen der juristischen Person nach Hinweisen zu forschen, die ein Vorliegen der Eingliederungsmerkmale wahrscheinlich machen. Dies sind die Beteiligungsverhältnisse (finanzielle Eingliederung), die Geschäftsführung (organisatorische Eingliederung) und der Gesellschaftszweck (wirtschaftliche Eingliederung).

 

5. Informationsaustausch

Von zentraler Bedeutung für die Überprüfung der Angaben des Organträgers in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und -Erklärungen ist es, ...

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