Rz. 157

Das Steuerrecht bezeichnet Zuwendungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft als verdeckte Einlage, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft diese nicht einräumen würde.[1] Weil für die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft, abgesehen von einigen Ausnahmen, die allgemeinen Vorschriften gelten, sind verdeckte Einlagen bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft abzuziehen.[2] Aufgrund des Gewinnabführungsvertrags im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG ist der Organträger zwingend zur Verlustübernahme bei der Organgesellschaft verpflichtet. Diese Verlustübernahme verpflichtet den Organträger, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt wurden (§ 302 Abs. 1 AktG).[3]

 

Rz. 158

Die Verlustübernahme, die die Merkmale einer verdeckten Einlage aufweist, erhöht als Ertrag den Bilanzgewinn der Organgesellschaft und ist deshalb bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft wieder abzuziehen. Das steuerliche Ergebnis der Organgesellschaft hat sich durch die Verlustübernahme nicht erhöht. Über das zuzurechnende Einkommen wird erreicht, dass der Verlust, den der Organträger ausgeglichen hat, sich steuerlich bei diesem auswirkt.[4] Da der übernommene Verlust der Organgesellschaft bereits als Aufwand aus Verlustübernahme zu einer Minderung des Bilanzgewinns des Organträgers geführt hat, wird die Doppelentlastung dadurch vermieden, dass das eigene Einkommen des Organträgers um die Verlustübernahme erhöht wird.[5] Eine Aktivierung auf dem Beteiligungskonto ist nicht möglich, weil sich durch die Verlustübernahme der Wert der Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft nicht verändert.[6]

 

Rz. 159

Das Problem der Doppelentlastung tritt bei anderen verdeckten Einlagen (der Organträger verkauft z. B. ein Grundstück unter Verkehrswert an die Organgesellschaft) nicht auf. Die verdeckte Einlage führt zu einer Realisierung der im Buchwertansatz des Wirtschaftsguts enthaltenen stillen Reserven beim Organträger, sodass die Differenz zwischen Verkehrswert und Veräußerungspreis auf dem Beteiligungskonto des Organträgers zu aktivieren ist. Der steuerliche Bilanzgewinn und damit das eigene Einkommen des Organträgers ist nicht gemindert worden, aber auch der steuerliche Bilanzgewinn der Organgesellschaft ist nicht erhöht worden. Hat die verdeckte Einlage zu einer Erhöhung des handelsrechtlichen Bilanzgewinns bei der Organgesellschaft geführt (z. B. in Form eines handelsrechtlichen Ertragszuschusses[7]), ist bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Zurechnungseinkommens die Einlage abzuziehen, sodass die verdeckte Einlage nur einmal bei der Ermittlung des Zurechnungseinkommens abgezogen worden ist.[8]

 

Rz. 160

Das Korrespondenzprinzip gilt nach § 8 Abs. 3 Sätze 4–6 KStG für die verdeckte Einlage und nach § 8b Abs. 1 Sätze 2–4 KStG für die verdeckte Gewinnausschüttung bzw. ab Veranlagungszeitraum 2014 für alle Bezüge, soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Gesellschaft gemindert haben:

  • Eine verdeckte Einlage erhöht das Einkommen bei der die Einlage empfangenden Gesellschaft, wenn sie das Einkommen des einlegenden Gesellschafters gemindert hat.
  • Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist nach § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG bzw. ab Veranlagungszeitraum 2014 sind Bezüge dann nicht vom Einkommen des Gesellschafters auszunehmen, wenn sie das Einkommen der leistenden Gesellschaft gemindert haben (§ 8b Abs. 1 Satz 2 KStG; § 3 Nr. 40 Buchst. d) Satz 2 EStG).
 

Rz. 161

Eine der Organgesellschaft zuzurechnende verdeckte Gewinnausschüttung – z. B. aus einer Auslandsbeteiligung – sowie alle Bezüge sind auf Ebene des Organträgers nach der Bruttomethode zu versteuern. Für die verdeckte Einlage ist die Bruttomethode nicht anzuwenden, da kein Verweis in § 15 KStG insoweit vorhanden ist. Erhält die Organgesellschaft daher eine verdeckte Einlage, ist auf Ebene der Organgesellschaft zu entscheiden, ob die Einlage das Einkommen auf Ebene des Gesellschafters i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG gemindert hat. Die Verlustübernahme des Organträgers stellt aber keine Einlage i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG dar, die sich weder im Beteiligungsansatz beim Organträger noch im Einlagekonto der Organgesellschaft widerspiegelt und daher auch keine negative steuerliche Auswirkung haben kann.[9]

[1] Vgl. Störk/Taetzner, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 272 HGB Rz. 400; BFH, Beschluss v. 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl 1988 II S. 348.
[2] Siehe auch BFH, Urteil v. 15.3.2017, I R 67/15, DStR 2017 S. 1650, zu einem Ertragszuschuss des Organträgers in seine Organgesellschaft, der ertragsteuerlich als verdeckte Einlage zu behandeln ist.
[3] Vgl. Kolbe, in Hermann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 14 KStG Rz. 76, Stand: 2/2021.
[4] Vgl. Laudan, DB 1986, S. 2097.
[5] Vgl. Laudan, DB 1986, S....

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