Rz. 32

Die Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses setzt ab Veranlagungszeitraum 2001 gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG nur noch die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers sowie gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags zwischen Organgesellschaft und Organträger voraus.

Zu den beiden Tatbestandsvoraussetzungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung, die zusätzlich zu den beiden vorgenannten Tatbestandsvoraussetzungen bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2000 für die Begründung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft erfüllt werden mussten, siehe Erläuterungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft unter Rz. 273 ff. und Rz. 280 ff.

2.2.1 Finanzielle Eingliederung

 

Rz. 33

Die finanzielle Eingliederung setzt gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG voraus, dass der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen und unmittelbar in einem solchen Maße beteiligt ist, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht. Eine Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft besteht, wenn dem Organträger gem. § 39 AO die Anteile an der Organgesellschaft als wirtschaftliches Eigentum steuerlich zuzurechnen sind.[1] Es ist nicht der mehrheitliche Anteilsbesitz entscheidend, sondern es kommt nur auf das mehrheitliche Stimmrecht des Organträgers an. Dabei bestimmt sich die Mehrheit der Stimmrechte grundsätzlich nach der jeweiligen Satzung und erst subsidiär nach den gesetzlichen Vorschriften, z. B. § 133 Abs. 1 AktG oder § 47 Abs. 1 GmbHG, die die einfache Stimmenmehrheit vorsehen. Die finanzielle Eingliederung kann auch bei einem Anteilsbesitz von weniger als 50 % zustande kommen, wenn z. B. dem Organträger aufgrund der ihm zustehenden Anteile ein Vorzugsstimmrecht eingeräumt wird oder ein Mehrfachstimmrecht für bestimmte Anteile besteht.[2]

 

Rz. 34

Die finanzielle Eingliederung setzt damit voraus, dass der Organträger an der Organgesellschaft beteiligt ist und zumindest wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen der Organgesellschaft begründet hat. Eine schuldrechtliche Vereinbarung über eine Stimmrechtsleihe, Stimmrechtsbindung oder Anteilsleihe soll daher nicht für eine Eingliederung zugunsten des "Stimm-Berechtigten" ausreichend sein, soweit kein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen übergegangen ist. Die Stimmrechte müssen dem Organträger aus eigenem Recht zustehen und müssen sich aus der notariell beurkundeten Satzung ergeben, so dass zum Beispiel ein schuldrechtlicher Stimmbindungsvertrag keine Stimmrechtsmehrheit für die finanzielle Eingliederung vermitteln soll. Dementsprechend ist bei Verpfändung, beim Nießbrauch und bei Pensionsgeschäften von Kapitalgesellschaftsanteilen entscheidend, wem die Anteile steuerlich zuzurechnen sind.[3]

 

Rz. 35

Die Organgesellschaft muss von Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen finanziell eingegliedert sein, d. h. dem Organträger müssen vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zustehen. Ununterbrochen bedeutet, dass diese Eingliederung von Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ohne Unterbrechung bis zum Ende des Wirtschaftsjahres bestehen muss. Dies gilt auch im Falle eines Rumpfwirtschaftsjahres.[4] Beim unterjährigen Erwerb einer Vorratsgesellschaft liegt keine finanzielle Eingliederung von Beginn des Wirtschaftsjahres der Vorratsgesellschaft vor, sodass im ersten (Rumpf-)Wirtschaftsjahr der Vorratsgesellschaft kein Organschaftsverhältnis zur Vorratsgesellschaft begründet werden kann.[5] Sofern der zukünftige Organträger die Tochterkapitalgesellschaft selbst gründet, sollte eine finanzielle Eingliederung im ersten (Rumpf-)Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft vom Gründungstag an gegeben sein und damit bereits im ersten (Rumpf-)Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft eine Organschaft begründet werden können.

 

Rz. 36

Eine finanzielle Beteiligung an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an kann auch durch ertragsteuerliche Rückwirkung nach dem Umwandlungssteuergesetz mit Wirkung für die ertragsteuerliche Organschaft fingiert werden. Der BFH[6] hat entschieden, dass die gewerbesteuerliche Organschaft bei einer formwechselnden Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft rückwirkend – vom steuerlichen Übertragungsstichtag an – begründet werden kann, jedenfalls dann, wenn die Eingliederungsvoraussetzungen tatsächlich bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres erfüllt waren. Dies könnte entsprechend bei anderen unter die steuerliche Rückwirkungsfiktion des Umwandlungssteuergesetzes fallenden Vorgängen gelten. Eine rückwirkende Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft scheint somit aufgrund der steuerlichen Rückwirkungsfiktion nach dem Umwandlungssteuergesetz gem. §§ 2, 20 Abs. 5 und 6 UmwStG möglich.[7] Die Finanzverwaltung steht allerdings einer rückwirkenden Begründung eines Organschaftsverhältnisses durch eine ert...

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