Leitsatz

Die Anforderungen an das ordnungsgemäße Führen eines Fahrtenbuchs dürfen nicht überspannt werden. Daher führen kleinere Mängel und Ungenauigkeiten nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs. Angaben zu den Kilometerständen müssen sofort am Ende jeder Fahrt gemacht werden. Lediglich Präzisierungen des beruflichen Zwecks dürfen innerhalb einer Woche nachgeholt werden

 

Sachverhalt

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber ein Pkw auch für private Zwecke überlassen. Den geldwerten Vorteil berechnete er aufgrund von Fahrtenbüchern. Die Lohnsteueraußenprüfung versagte deren Anerkennung, da als Reiseziele lediglich Ortsnamen angegeben waren. Das Finanzamt änderte daraufhin die Einkommensteuerbescheide des Klägers.

Im Rahmen des Einspruchsverfahren wies das Finanzamt darauf hin, dass in den Fahrtenbüchern keinerlei Umwegfahrten und Tankstopps aufgezeichnet seien. Bei längeren Autofahrten wichen die Kilometerangaben hin und zurück voneinander ab, ohne dass aus den Fahrtenbüchern eine Erklärung dafür hervorgehe. Bei Autofahrten in größere Städte sei nie die Adresse am Ziel genannt. Eine Überprüfung des Fahrtenbuchs sei ohne genauere Adressenangaben nicht möglich.

Der Kläger reichte daraufhin handschriftliche Aufzeichnungen über die aufgesuchten sowie die Tankbelege und Werkstattrechnungen ein, aus denen sich weitere Unstimmigkeiten ergaben.

Obwohl der Kläger versicherte, dass er das Fahrtenbuch laufend, vollständig und zeitnah führe, wurde der Einspruch zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Das FG hielt die dagegen gerichtete Klage für begründet. Die Fahrtenbücher sind zwar mit kleineren Mängeln behaftet, aber insgesamt noch als ordnungsgemäß anzusehen.

Grundsätzlich sind Angaben zu Adressen und Hausnummern im Fahrtenbuch zu machen, außer wenn diese aufgrund der Angaben zum Reiseziel unschwer z. B. aus den Kundenlisten zu ermitteln sind. Die Kunden- und Adressliste muss dann als Ergänzung der Original-Fahrtenbücher vorliegen.

Soweit sich aus den Aufzeichnungen ergibt, dass der Kläger übernachtet und daher lediglich die Bezeichnung "Hotel" angegeben hatte, ist es zumutbar, dass das Finanzamt den Hotelnamen und die Anschrift aus den Reisekostenunterlagen ermittelt, wenn sich dies auf wenige Vorgänge in einem Jahr beschränkt.

Tankstopps müssten nur dann aufgezeichnet werden, wenn eine Tankstelle außerhalb der gekennzeichneten Route angefahren wird. Auch kleinere Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und Routenplaner sind unschädlich.

In der Summe weisen die streitbefangenen Fahrtenbücher zwar inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf. Diese sind jedoch nicht so gravierend, dass sie die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben insgesamt infrage stellen könnten. Somit bieten die Fahrtenbücher noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben mit der Folge, dass der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist.

 

Hinweis

Der Senat vertritt in seinem Urteil, unter Verweis auf die BFH-Rechtsprechung, die Auffassung, dass die Anforderungen an das ordnungsgemäße Führen eines Fahrtenbuchs aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überspannt werden dürfen. Sonst drohe eine Übermaßbesteuerung.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.06.2021, 9 K 276/19

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