3.2.1.1 Formen der Sacheinlage

 

Rz. 68

Einlagen in Kapitalgesellschaften können gem. den §§ 27 Abs. 1, 36a Abs. 2, 183 Abs. 1 AktG und den §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 GmbHG auch in Form von Sacheinlagen erbracht werden; dabei werden zwei Formen unterschieden, welche im Zusammenhang mit Nutzungsrechten für die Bilanzierung in Handels- und Steuerbilanz unterschiedliche Folgen entfalten. Gesellschaftsrechtliche Sacheinlagen sind zum einen zur Aufbringung des Nennkapitals bei Gründung oder Kapitalerhöhung, zum anderen als andere Zuzahlungen i. S. v. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB denkbar.[1] Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesellschafter für seine auf freiwilliger Grundlage beruhende Leistung in die Kapitalrücklage von der Gesellschaft keine Vorzüge, wie sie in § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB vorgesehen sind, erlangt.[2]

 

Rz. 69

Daneben besteht der im steuerrechtlichen Kontext entwickelte Begriff der verdeckten Einlage, also der freiwilligen, jedoch im Gesellschaftsverhältnis begründeten Zuwendung eines einlagefähigen Vermögensvorteils durch einen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft oder eine ihm nahestehende Person.[3]

 

Rz. 70

Die Begriffe "andere Zuzahlungen" und "verdeckte Einlage" setzen beide eine freiwillige Leistung des Gesellschafters voraus; dennoch sind sie nicht kongruent, sondern begründen das Auseinanderfallen handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Einlageregelungen.[4] Unterscheidungsmerkmal ist die notwendige Voraussetzung[5] einer willentlichen Leistung des Gesellschafters in das Eigenkapital im Fall einer Einlage i. S. v. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB; unterbleibt eine solche Willenserklärung, erfolgt die ergebniswirksame Erfassung der Gesellschafterzuzahlung.[6] Im Gegensatz dazu stellt der Begriff der verdeckten Einlage ausschließlich auf die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ab.

 

Rz. 71

Abb. 2 zeigt die im Zusammenhang mit Nutzungsrechten relevanten handels- und steuerrechtlichen Möglichkeiten zur Einlage in eine Kapitalgesellschaft.

Abb. 2: Mögliche Formen einer Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft

[1] Vgl. Döllerer, BB 1988, S. 1792.
[2] Vgl. Störk/Kliem/Meyer, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 272 HGB Rz. 195.
[3] Vgl. R 8.9 KStR; Störk/Taetzner, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 272 HGB Rz. 400.
[4] Vgl. Küting/Reuter, in Dusemond/Küting/Weber/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss, § 272 HGB Rz. 109, Stand: Mai 2020.
[5] Vgl. BT-Drucks. 10/4268 S. 107.
[6] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Teilband 5, 6. Aufl. 1995–2000, § 272 HGB Rz. 137.

3.2.1.2 Sacheinlagen zur Aufbringung des Nennkapitals

 

Rz. 72

Gem. § 27 Abs. 2 AktG umschreibt der Begriff der Sacheinlage "Vermögensgegenstände […], deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist". Ob auch Nutzungsrechte als Sacheinlage tauglich sind, hängt in erster Linie von ihrer Aktivierungsfähigkeit ab;[1] dies berücksichtigt, dass "nur das, was im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für bilanzfähig befunden wird, auch bei Einbringung durch einen Gesellschafter bilanzfähig sein kann".[2] Folglich kommen Nutzungsrechte sowohl in ihrer dinglichen als auch in ihrer schuldrechtlichen Variante unter der Voraussetzung des durch eine gesicherte Rechtsposition[3] geschützten Vorliegens eines Vermögensgegenstands sowie dessen Bewertbarkeit und Übertragbarkeit[4] grundsätzlich als Gegenstand einer Sacheinlage in Betracht.[5] Bedenken hinsichtlich der Gewährung von Gesellschaftsrechten gegen Einräumung eines Nutzungsrechts am betriebsfremden Eigentum des Gesellschafters betreffen vor allem die Garantiefunktion des Eigenkapitals und damit die Frage, ob das Nutzungsrecht als Sacheinlage die Funktion der Geldeinlage erfüllen kann.[6]

 

Rz. 73

Als allgemeine Voraussetzungen für die Einlagefähigkeit von Nutzungsrechten werden genannt:[7]

  1. der Besitz des Vermögensgegenstands ist vom Nutzungsüberlasser zum Nutzungsberechtigten übergegangen;
  2. die Dauer des Nutzungsrechts ist von Anbeginn an festgelegt;
  3. die Nutzung kann dem Berechtigten vom Überlasser nicht einseitig entzogen werden;
  4. die Nutzungsmöglichkeit kann auch zugunsten der Gesellschaftsgläubiger verwertet werden.
 

Rz. 74

Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird zur handelsbilanziellen Behandlung folgende Lösung angeboten:[8] Handelt es sich um eine gesellschaftsrechtliche Sacheinlage zur Aufbringung des Nennkapitals bei Gründung oder Kapitalerhöhung, wird das Nutzungsrecht in der Bilanz der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert,[9] den das Nutzungsrecht für die Kapitalgesellschaft hat, aktiviert; gleichzeitig erhöht die Sacheinlage das Nennkapital. Der Gesellschafter aktiviert für den Fall, dass er seine Beteiligung im Betriebsvermögen hält, die neuen Anteile mit den Anschaffungskosten, also dem gemeinen Wert des Nutzungsrechts;[10] gleichzeitig passiviert er einen Rechnungsabgrenzungsposten als Ausdruck einer "Vorleistung im Rahmen eines längerfristigen Nutzungsverhältnisses",[11] den er über die Laufzeit des Nutzungsrechts auflöst.

 

Rz. 75

Der BFH postuliert für die steuerrechtliche Beurteilung: "Gege...

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