Rz. 101

§ 270 Abs. 1 Satz 1 HGB sieht vor, dass Einstellungen in die Kapitalrücklage bei Aufstellung der Bilanz vorzunehmen sind.[1] Damit trifft die geschäftsführenden Organe die Zuständigkeit zur Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage. Dies setzt aber zumindest voraus, dass auch einer der in § 272 Abs. 2 HGB geregelten Zuweisungsgründe vorliegt. Die in § 272 Abs. 2 HGB aufgeführten Zuweisungsgründe können nicht durch die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag zugunsten der geschäftsführenden Organe erweitert oder abbedungen werden; sie sind nur für die gesetzlich festgelegten Kapitalzuführungen oder Umschichtungen zulässig und verpflichtend.[2]

 

Rz. 102

Zwar sieht § 275 Abs. 4 HGB vor, dass Veränderungen der Kapitalrücklagen erst nach dem Posten "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag" ausgewiesen werden dürfen. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass Einstellungen in die Kapitalrücklage grds. in der Verlängerungsrechnung zur GuV erscheinen müssen. Vielmehr berühren Einstellungen in die Kapitalrücklage die Verlängerungsrechnung zur GuV grds. nicht.[3] Eine Bruttodarstellung der Einstellung in die Kapitalrücklage unter Einschaltung der GuV – der Vermögenszufluss wird als Ertrag und die Rücklagenbildung als Einstellung in die Kapitalrücklage in der Verlängerungsrechnung zur GuV gezeigt – würde zu einer unzutreffenden Darstellung der Ertragslage führen.[4] Demgemäß sieht § 158 Abs. 1 AktG für die AG, die KGaA und die SE auch keinen Posten "Einstellung in die Kapitalrücklage" in der Verlängerungsrechnung zur GuV vor.

 

Rz. 103

Etwas anderes gilt hingegen in den Fällen der §§ 229 Abs. 1 und 232 AktG (vereinfachte Kapitalherabsetzung) für die AG, die KGaA und die SE. Die hieraus resultierenden Einstellungen in die Kapitalrücklage sind nach dem Jahresergebnis in der Verlängerungsrechnung zur GuV unter dem Posten "Einstellung in die Kapitalrücklage nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung" gesondert auszuweisen. Aus bilanzierungstechnischen Gründen bleibt letztlich nichts anderes übrig, da § 240 Satz 1 AktG vorsieht, dass der aus der Kapitalherabsetzung gewonnene Betrag in der Verlängerungsrechnung zur GuV – das Gesetz spricht hier nur von der GuV – als "Ertrag aus der Kapitalherabsetzung" gesondert, und zwar hinter dem Posten "Entnahmen aus Gewinnrücklagen", auszuweisen ist.[5]  § 240 AktG beschränkt nach der hier vertretenen Auffassung zudem das in § 158 Abs. 1 Satz 2 AktG enthaltene Wahlrecht, die Verlängerungsrechnung zur GuV entweder in der GuV selbst oder im Anhang zu zeigen, auf die GuV. Gleichzeitig ist die Bilanz zumindest unter Berücksichtigung der tw. Verwendung des Jahresergebnisses aufzustellen, somit wird das Wahlrecht des § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB eingeschränkt.

 

Rz. 104

Das Gleiche gilt für den in § 240 AktG nicht ausdrücklich erwähnten § 237 Abs. 5 AktG (vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Einziehung eigener Aktien), denn aus systematischen Erwägungen heraus – für § 240 AktG ist ein gesonderter Unterabschnitt vorgesehen – ist die Vorschrift auch auf den § 237 Abs. 5 AktG anzuwenden. Die gebotene Einstellung in die Kapitalrücklage kann somit bilanzierungstechnisch ebenfalls nur über die Verlängerungsrechnung zur GuV erfolgen unter Einfügung des Postens "Einstellung in die Kapitalrücklage nach den Vorschriften über die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien im vereinfachten Verfahren". Dies ist auch systemgerecht, da die GuV anderenfalls einen nicht kompensierten Ertrag aufweisen würde, was dem Zweck des § 237 Abs. 5 AktG, die Ausschüttung des durch die Einziehung gewonnenen Betrags zu verhindern, entgegensteht.[6]

 

Rz. 105

Den §§ 240, 158 AktG vergleichbare Vorschriften sind im GmbHG nicht vorgesehen. Gleichwohl ist eine entsprechende Anwendung im Fall der vereinfachten Kapitalherabsetzung (§§ 58b Abs. 2, 58c GmbHG) – auch ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtung – zu empfehlen.

 

Rz. 106

Soweit die Gesellschafter der GmbH die Einziehung von Nachschüssen beschlossen haben, sind diese in der Bilanz unter den Forderungen (§ 266 Abs. 2 B. II. HGB) gesondert unter der Bezeichnung "eingeforderte Nachschüsse" zu aktivieren.[7] Dies setzt voraus, dass den Gesellschaftern das Recht, sich von der Nachschusspflicht durch Verweisung auf den Geschäftsanteil zu befreien, nicht zusteht. Korrespondierend ist nach § 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG ein dem Aktivposten entsprechender Betrag auf der Passivseite in dem Posten "Kapitalrücklage" gesondert als Unterposten oder im Wege eines "Davon-Vermerks" unter der Bezeichnung "Kapitalrücklage für eingeforderte Nachschüsse" auszuweisen. Die Bildung dieses gesetzlich vorgeschriebenen Postens ist – sofern die Voraussetzungen für die Aktivierung der Forderungen vorliegen – von der Geschäftsführung der GmbH i. R. d. Aufstellung des Jahresabschlusses vorzunehmen.

 

Rz. 107

§ 270 Abs. 1 Satz 1 HGB sieht zudem vor, dass die Auflösung der Kapitalrücklage bereits bei der Aufstellung der Bilanz vorzunehmen ist. Folglich sind die geschäftsführen...

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