rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuerhaftung einer inländischen Tochtergesellschaft bei Gratifikationen an abgeordnete Arbeitnehmer der ausländischen Muttergesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Arbeitgeber ist regelmäßig die Person, die Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag ist.
  2. Entsendet eine Muttergesellschaft Arbeitnehmer an ihre Tochtergesellschaft, so wird diese Arbeitgeberin, sofern ein separater Dienstvertrag abgeschlossen wird und das Arbeitsverhältnis mit der Obergesellschaft während der Beschäftigungszeit ruht. Arbeitnehmer der Obergesellschaft bleibt der Arbeitnehmer nur, wenn er während seiner Abordnung sein Gehalt weiterhin von der Obergesellschaft erhält und nur ihr gegenüber weisungsgebunden ist.
  3. Eine inländische Tochtergesellschaft ist für den Lohnsteuerabzug bei Gratifikationen an abgeordnete Arbeitnehmer ihrer ausländischen (japanischen) Muttergesellschaft auch dann nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG 2003 verantwortlich, wenn die Gratifikationen aufgrund eines separaten Arbeitsvertrags zwischen ihr und den Arbeitnehmern nach deren Rückkehr in ihr Heimatland von der Muttergesellschaft ausgezahlt werden.
  4. Die abzuführenden Lohnsteuerabzugsbeträge sind unter Berücksichtigung des in Deutschland ausgezahlten laufenden Arbeitslohns als voraussichtlicher Jahresarbeitslohn zu ermitteln.
 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 1, § 39d

 

Streitjahr(e)

2001, 2002, 2003

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ihre Verpflichtung als Arbeitgeberin, Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen, ordnungsgemäß erfüllt hat.

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren den Import von Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge und den Vertrieb dieser Teile in Deutschland. Sie ist eine Tochtergesellschaft eines japanischen Unternehmens. In den Streitjahren 2002 und 2003 beschäftigte sie unter anderem japanische Arbeitnehmer, die von der japanischen Muttergesellschaft entsandt wurden. Die Klägerin schloss mit den Arbeitnehmern unbefristete Arbeitsverträge. Das zu zahlende Gehalt setzte sich aus dem in Deutschland durch die Klägerin zu zahlenden Gehalt und dem Gehalt zusammen, das die Muttergesellschaft - in ihrer Funktion als Oberarbeitgeber - zu zahlen hatte. Die Pflichten der Arbeitnehmer zur Muttergesellschaft ruhten im Übrigen.

Nach Artikel 6 Abs. 4 der Arbeitsverträge sollte den Arbeitnehmern zweimal jährlich zusätzlich eine Gratifikation als Entgelt für die geschäftliche Zielerreichung ausgezahlt werden. Der Arbeitnehmer hatte auf die Zusatzleistung keinen Rechtsanspruch, auch wenn deren Gewährung mehrmals erfolgt war. Die Gratifikation konnte von der Muttergesellschaft ausgezahlt werden, dies jedoch für die Klägerin als Arbeitgeberin. Teilweise wurden die Bonuszahlungen von der Muttergesellschaft erst gezahlt, nachdem die Arbeitnehmer Deutschland wieder verlassen und nach Japan zurückgekehrt waren. Eine Weiterbelastung der Aufwendungen gegenüber der Klägerin durch die Muttergesellschaft unterblieb.

Die Klägerin unterwarf die Sonderzahlungen, die während der Zeit der unbeschränkten Lohnsteuerpflicht der Arbeitnehmer ausgezahlt wurden, dem Lohnsteuerabzug nach § 39 b Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Die nach der Rückkehr nach Japan gezahlten Beträge unterzog sie, soweit sie sich auf die Arbeitszeit in Deutschland bezogen, dem Lohnsteuerabzug nach § 39 d EStG, wobei sie den im jeweiligen Veranlagungsjahr während des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht bezogenen laufenden Arbeitslohn nicht in die Bemessungsgrundlage für die sonstigen Bezüge einbezog.

Der Beklagte führte in der Zeit von Oktober bis November 2003 eine Lohnsteueraußenprüfung bei der Klägerin durch. Der Prüfer griff diesen Sachverhalt auf und bezog die erhaltenen Lohnbezüge bei der Berechnung des Jahresarbeitlohns ein. Aufgrund der erhöhten Bemessungsgrundlagen ergaben sich bei den individuellen Nachberechnungen Differenzen in Höhe von 60.000 € bei der Lohnsteuer und 3.300 € beim Solidaritätszuschlag.

Der gegen den Haftungsbescheid erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie sei nach § 38 Abs. 1 EStG zum Lohnsteuerabzug für die nach der Rückkehr nach Japan von der japanischen Muttergesellschaft ausgezahlten Gratifikationen nicht verpflichtet. Diese Zuwendungen seien von der Muttergesellschaft gezahlt worden, sodass eine Abführungspflicht nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann angenommen werden könne, wenn es sich um Zahlungen im Rahmen des mit ihr geschlossenen Dienstverhältnisses handele. Dies könne aber nicht angenommen werden, weil die Höhe der Gratifikation ausschließlich von der Muttergesellschaft bestimmt worden sei. Der Klägerin seien die gezahlten Beträge nicht in Rechnung gestellt worden. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG sei mit Wirkung vom 1. Januar 2004 geändert worden, wobei in Entsendungsfällen für die Annahme eines inländischen Arbeitgebers zusätzlich verlangt werde, dass das aufnehmende Unternehmen den Lohnaufwand wirtschaftlich trage. Dieser Rechtsgedanke müsse auch für die alte Rech...

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