Entscheidungsstichwort (Thema)

Für einen angestellten Praxisconsultant mit externem Büro bildet der häusliche Arbeitsbereich den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Gesetzgeber hat nicht definiert, wann ein häusliches Arbeitszimmer den „Mittelpunkt der beruflichen Betätigung” darstellt. Nach überwiegender Meinung beinhaltet dieser Begriff sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien.
  2. Bei einem so genannten angestellten Praxisconsultant mit externem Büro, dessen Außendiensttätigkeit ca. 42 v.H. der Gesamttätigkeit in Anspruch nimmt, bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 4 Abs. 5 Nr. 6b

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.04.2003; Aktenzeichen VI R 78/02)

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Arbeitszimmerkosten.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute.

Der Kläger ist seit 1995 Innendienstmitarbeiter mit externem Büro bei der Firma G. W. GmbH & Co., H. Ausweislich seines Anstellungsvertrages ist der Kläger als so genannter Praxis-Consultant tätig. Für diese Tätigkeit stellte der Arbeitgeber dem Kläger im Streitjahr 1997 kein Büro zur Verfügung. Das zu bearbeitende Gebiet beinhaltete einen Raum, der einen Umkreis von ca. 150 km (gerechnet vom Wohnort) abdeckt. Das Aufgabengebiet des Klägers umfasste im Streitjahr folgende Arbeiten:

Praxisanalysen und betriebswirtschaftliche Analysen,

  • Veranstaltungsmanagement (Erstellung des Veranstaltungskonzeptes),
  • Teilnehmer-Akquise für Seminare, die von Fremdreferenten abgehalten wurden,
  • Ausarbeitung von Servicemodulen (Erstellung eines Drehbuches nebst Folien und Arbeitsunterlagen für das Seminar „Praxisabläufe”),
  • redaktionelle Beiträge für firmeneigene Zeitung (Praxis-Info-Dienst),
  • eigene Fortbildung,
  • Software-Support per Telefon.

Diese Arbeiten erledigte er ab dem 1. April 1997 in einem eigens dafür hergerichteten häuslichen Arbeitsbereich. Dieses Arbeitszimmer befand sich im Dachgeschoss des Wohnobjektes B.-straße 49 in D. In diesem Objekt hatten die Kläger Ende 1996 die im Erdgeschoss gelegene Wohnung Nr. 2 und die im Dachgeschoss gelegene Wohnung Nr. 3 erworben. Bis zur erstmaligen Nutzung des Arbeitszimmers im Dachgeschoss wandte der Kläger insgesamt 10.939,70 DM auf, um die bisher dort als Kinderzimmer genutzten Räume zu einem Büro umzugestalten. Im Zusammenhang mit der Nutzbarmachung dieser Räumlichkeiten zu beruflichen Zwecken entfernte der Kläger Leichtbauwände, die die bisherigen Kinderzimmer voneinander trennten. Des Weiteren entfernte der Kläger eine Waschgelegenheit, erneuerte den Fußboden, versah die Wände mit Rigipsplatten und isolierte sie, verlegte die für die Büronutzung erforderlichen Elektroanschlüsse und setzte neue Fenster ein.

Im Rahmen ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1997 machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von insgesamt 15.953,50 DM für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die nicht dem Arbeitszimmer direkt zuzurechnenden Kosten in Höhe von 5.014 DM ermittelten die Kläger in der Weise, dass sie diejenigen Anschaffungs-, Neben- und Finanzierungskosten, die auf den privat genutzten Teil des Wohnobjektes entfielen, anteilig im Verhältnis der Nutzflächen auf Wohnbereich und Arbeitszimmer aufteilten. Da der Kläger das Arbeitszimmer erst ab dem 01.04.1997 nutzte, setzte er nur 9/12 des so ermittelten Betrages bei den Werbungskosten an.

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nur mit dem Höchstbetrag nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 2.400 DM. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger sind der Auffassung, die geltend gemachten Aufwendungen seien ohne Begrenzung der Höhe nach vollständig abzugsfähig, da das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers bilde. Der Kläger habe mit Bürotätigkeiten in der Größenordnung von 1.370 Stunden (= 57,64%) in 1997 den weitaus größten Teil der Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer verbracht. Auf die Außendienstarbeiten entfiele dagegen lediglich eine Zeit von 1006 Stunden (= 42,36 %). Bei der Bewertung dieses Verhältnisses sei außerdem zu berücksichtigen, dass in den Zeiten außerhalb des Arbeitszimmers Fahr-, Schlaf- und Pufferzeiten enthalten seien. Zur Glaubhaftmachung der Bürozeiten im häuslichen Arbeitszimmer hat der Kläger eine detaillierte Aufstellung der im häuslichen Arbeitszimmer errichteten Tätigkeiten vorgelegt, aus der für jeden einzelnen Tag die jeweilige berufliche Tätigkeit und die dafür benötigte Zeitdauer festgehalten ist. Bezüglich des Umfangs der Außendiensttätigkeit hat der Kläger seine Reisekostenabrechnungen für 1997 vorgelegt. Hinsichtlich der Zeiten außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers sei außerdem zu berücksichtigen, dass ein Großteil der Außend...

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