Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiger EDV-Berater (Autodidakt) als Freiberufler

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Tätigkeit eines EDV-Beraters kann bei vorrangiger Entwicklung von System-Software als ingenieurähnlich, d.h. als freiberuflich eingestuft werden.
  2. Ein Autodidakt ist im Bereich der EDV ebenso zu behandeln wie im Bereich anderer technischer Berufe. Er kann den Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten erbringen.
  3. Entwickelt jemand im Rahmen ein und desselben Auftrags sowohl System- als auch Anwender-Software, so sind diese Tätigkeiten so eng miteinander verflochten, dass eine Trennung nicht möglich ist. Die Qualifizierung als gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit richtet sich dann danach, welche Tätigkeit bei der Erledigung des Auftrags prägend im Vordergrund steht.
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1991, 1992

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die selbständige Tätigkeit des Klägers auf dem Gebiet der EDV in den Jahren 1991 und 1992 der Gewerbesteuer unterliegt.

Der Kläger, der im Jahre 1940 geboren wurde, arbeitete nach der Ausbildung zum Bankkaufmann im Jahre 1960 als Programmierer an IBM Hollerith Maschinen und der ersten Generation von elektronischen DV-Maschinen, zunächst bei der Oldenburgischen Landesbank, später bei IBM Deutschland. Nebenbei übte er zu dieser Zeit eine nebenberufliche Tätigkeit als Dozent für Datenverarbeitung beim Berufsfortbildungswerk des DGB aus. Der Kläger war in den Jahren 1965 bis 1989 als Programmierer, Operator, Organisator, Systemprogrammierer und Leiter an verschiedenen Rechenzentren beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte damals die Entwicklung von Software zur automatischen Steuerung eines Rechenzentrums, sowie die Planung und Realisierung eines Rechenzentrumsgebäudes bei der Oldenburgischen Landesbank. Daneben war er bis 1986 als Berater und Programmierer für eine Versicherung in Oldenburg tätig. Der Kläger besuchte in den Jahren 1989 und 1990 Fortbildungskurse für Datenverarbeitungstechnik an einer Fachschule in Oldenburg. Von Januar bis März 1991 war er bei der SEMA-Group/ADV-Orga in Wilhelmshaven angestellt und dort mit Zusammenstellung, Testen und Auslieferung von Standartsoftware und der Entwicklung von BS2000 Systemprozeduren beschäftigt.

Seit März 1991 arbeitete der Kläger selbständig als EDV-Berater. Der Kläger war in den Streitjahren aufgrund eines Rahmenvertrages vom 10. Mai 1990 für das Unternehmen GST-Consulting GmbH in Lehrte als freier Mitarbeiter tätig. Im Rahmen dieses Vertrages war er von März bis November 1991 im Rechenzentrum der PDO in Hannover beschäftigt. Der Kläger hatte dabei die Aufgabe, Rechenzentrumsdokumentationen für SAP-Prozeduren mit Restart-Anweisungen bei System- und Programmabbrüchen zu erstellen und zu testen. Von Dezember 1991 bis Juni 1993 arbeitete der Kläger an einem Projekt für die Deutsche Bundesbahn. Er war zuständig für die Systemverwaltung bezüglich eines umfangreichen Transportsteuerungssystem an den Standorten Frankfurt, München und Nürnberg. Der Kläger erstellte Systemprozeduren, Benutzerhandbücher und schulte die Mitarbeiter der Bahn.

Aus dieser selbständigen Tätigkeit erzielte er im Streitjahr 1991 Einkünfte in Höhe von 60.949 DM, im Streitjahr 1992 von 125.496 DM. Die erklärungsgemäßen Gewerbesteuer-Messbescheide für 1991 und 1992 wurden am 21. September bzw. am 7. November 1994 zur Post gegeben. Gleichwohl legte der Kläger Einsprüche ein mit nunmehrigen Hinweisen auf die Einordnung seiner Tätigkeit als freiberuflich. Das beklagte Finanzamt setzte dem Kläger im Vorverfahren eine Frist nach § 364 b AO zur Vorlage von Aufgabenbeschreibungen und anderen Unterlagen.

Nach erfolglosen Einspruchsverfahren, die mit dem zusammengefassten Einspruchsbescheid vom 2. Mai 1996 endeten, erhebt der Kläger Klage, er legt einen Tätigkeitsnachweis des Unternehmens Siemens Nixdorf vom 19. September 1997 vor und trägt im Wesentlichen Folgendes vor: Er sei nicht gewerbesteuerpflichtig, da er freiberuflich tätig sei. Er befasse sich ausschließlich mit der Systemsoftwareentwicklung, seine Tätigkeit sei der eines Ingenieurs vergleichbar. Auch von der Ausbildung her könne er einem Ingenieur gleichgestellt werden. Er habe zwar keinen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss, da ein solcher Abschluss damals im EDV-Bereich nicht möglich gewesen sei. Jedoch habe er aufgrund seines beruflichen Werdegangs sowie aufgrund der Teilnahme an verschiedenen Fortbildungsveranstaltungen sein Fachwissen stets aktuell gehalten. Sein Fachwissen sei in Breite und Tiefe mit dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar.

Der Kläger beantragt,

die Gewerbesteuer-Messbescheide 1991 und 1992 vom 21. September 1994 und vom 7. November 1994 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 1996 aufzuheben.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger in den Streitjahren eine ingenieurähnliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt ha...

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