Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung von Erschließungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei einem Grundstückskauf gehören zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Entscheidend ist, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde.
  2. Verpflichtet sich der Verkäufer eines Grundstücks gegenüber der Gemeinde zur Erschließung eines Baugrundstücks, sind die Erschließungskosten beim Käufer in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Denn der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist Entgelt für den Grundstückserwerb.
 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.03.2007; Aktenzeichen II R 67/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Zahlung der Kläger an die Veräußerin zur Abgeltung zukünftig durchzuführender Erschließungsmaßnahmen in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.

Die Kläger erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Januar 2002 von der VOBA Beratungs- und Dienstleistungsgesellschaft der Volksbank B. mbH (im folgenden Voba) ein Baugrundstück von 650 m² Größe (vor Vermessung) in B. Neben dem Kaufpreis von 43,23 €/m² verpflichteten sich die Kläger zur Zahlung eines Betrages zur Abgeltung der zukünftigen Erschließung des Grundstücks in Höhe von 33,39 €/m² sowie zur Tragung der Vermessungskosten. In § 1 Abs. 3 des Grundstückskaufvertrages wurde darauf hingewiesen, dass die Voba mit der Stadt B. in naher Zukunft einen Erschließungsvertrag abschließen wolle, in dem sich die Voba zur Erschließung des gesamten Baugebietes – u.a. auch des Grundstücks der Kläger – verpflichte. Diese Verpflichtung übernahm die Voba ausdrücklich auch gegenüber den Klägern. Ein entsprechender Erschließungsvertrag i.S.d. § 127 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) wurde am 28. Januar 2002 dann auch zwischen der Stadt B. und der Voba geschlossen.

Der Beklagte sah das Grundstück in seinem zukünftigen, erschlossenen Zustand als Erwerbsgegenstand an und setzte die Grunderwerbsteuer mit den angefochtenen Bescheiden vom 13. Februar 2002 auf je 899 € fest. Dabei legte er 650 m² zugrunde und bezog den Abgeltungsbetrag für Erschließungskosten in die Bemessungsgrundlage ein.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie beanstandeten, die Größe des Grundstücks betrage – nach Vermessung – nur 643 m². Weiterhin dürfe der Abgeltungsbetrag für Erschließungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden, da das Grundstück in unerschlossenem Zustand erworben worden sei. Die Kläger berufen sich auf das BFH-Urteil vom 15. März 2001 II R 39/99, BStBl. II 2002, 93.

Der Beklagte korrigierte im Einspruchsverfahren die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage, indem er die zutreffende Größe des Grundstücks zugrunde legte und wies den Einspruch im Übrigen zurück.

Dagegen richtet sich die Klage. Die Kläger vertreten weiterhin die Ansicht, weil sie ein im Zeitpunkt des Erwerbs unerschlossenes Grundstück erworben hätten, unterlägen die Erschließungskosten bzw. der dafür gezahlte Abgeltungsbetrag nicht der Grunderwerbsteuer. Der beurkundende Notar habe gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten zu der Regelung in § 1 Abs. 3 letzter Satz des Kaufvertrages erklärt, durch diese Regelung habe sichergestellt werden sollen, dass die Erschließung durchgeführt werde, und zwar möglichst umgehend, damit das Grundstück habe bebaut werden können. Deshalb sei auch die Regelung in § 5 Abs. 2 des Kaufvertrages vereinbart, nach der Zahlungen der Kläger nicht hätten entrichtet werden müssen, bevor nicht die Baustraße befahrbar gewesen sei.

Darüber hinaus verstoße die Einbeziehung des Abgeltungsbetrags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, denn eine Mitarbeiterin der Grunderwerbsteuerstelle des Beklagten habe gegenüber dem beurkundenden Notar telefonisch erklärt, der Vorgang sei insoweit steuerfrei.

Die Kläger beantragen,

die festgesetzte Grunderwerbsteuer um jeweils 375,72 € niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Auffassung fest.

Wegen des weiteren Sachverhaltes und Vorbringens wird auf den Inhalt der Steuerakten, der gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die in der mündlichen Verhandlung übereichten Unterlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 unterliegt der Erwerb eines Anspruchs auf Übereignung eines inländischen Grundstücks der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG 1983 die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erw...

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