rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Lieferung eines halbfertigen Bauwerks, wenn ein Konkursverwalter zwar die Vertragserfüllung ablehnt, aber aufgrund eines gleichzeitigen Angebots zur Fortsetzung des Baus auf dieser neuen Rechtsgrundlage die Bauarbeiten fortführt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Werklieferung eines Bauwerks wird zu dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem dem Auftraggeber die Verfügungsmacht an dem fertigen Bauwerk verschafft wird. Dieser Zeitpunkt kann auch vor einer zivilrechtlichen Abnahme liegen.
  2. Die Umsatzsteuer für Teilleistungen entsteht bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das ist der Fall, wenn dem Auftraggeber die Verfügungsmacht an dem fertigen Bauwerk verschafft wird.
  3. Lehnt der Konkursverwalter die Erfüllung eines zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht vollständig erfüllten Werkvertrages ab und ist eine Vollendung des Werks durch den Konkursverwalter nicht mehr vorgesehen, wird der Werkvertrag in ein Abrechnungsschuldverhältnis umgewandelt. Der Bauherr verliert seinen Erfüllungsanspruch und erhält stattdessen einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Auf diesen muss er sich das vor Konkurseröffnung erstellte halbfertige Bauwerk insoweit anrechnen lassen, als es nach objektiver Betrachtung für ihn einen Wert besitzt. Umsatzsteuerrechtlich wird dieses halbfertige Werk infolge der Ablehnung der Vertragserfüllung zum neuen Gegenstand der Werklieferung.
  4. Lehnt der Konkursverwalter die Vertragserfüllung zunächst ab, bietet dem Bauherren aber gleichzeitig den Abschluss eines neuen Vertrages (im Wesentlichen) zu den ursprünglichen Bedingungen an, werden die Bauarbeiten – wenn auch aufgrund neuer vertraglicher Grundlagen – fortgesetzt. Ein solcher Sachverhalt ist umsatzsteuerrechtlich nicht anders zu beurteilen als die Erfüllung des ursprünglichen Werkvertrags durch den Konkursverwalter.
 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 1, 4, § 13 Abs. 1 Nr. 1a; KO § 17; InsO § 103

 

Streitjahr(e)

1991, 1992

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der X Baugesellschaft mbH. Streitig ist, ob Umsatzsteuer aus drei Bauvorhaben zu Recht gegenüber dem Kläger als Masseschuld festgesetzt wurde oder ob es sich dabei lediglich um Konkursforderungen handelte.

Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der X-GmbH gestellt worden war, wurde der Kläger am 23.04.1991 zum Sequester dieser GmbH bestellt. Am 30.08.1991 wurde das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt.

Der Kläger gab am 13. September 1993 eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1991 ab, in der er als Konkursverwalter für den Zeitraum nach Konkurseröffnung steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 462.349 DM, eine hierauf entfallende Umsatzsteuer (14 %) in Höhe von 64.728,93 DM und Vorsteuerbeträge in Höhe von 66.993,63 DM erklärte. Insgesamt ergab sich aus dieser Erklärung eine Umsatzsteuer in Höhe von ./. 2.264,70 DM. Der Beklagte stimmte dieser Steueranmeldung nicht zu.

Am 21. März 1994 gab der Kläger eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1992 ab. In dieser erklärte er steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 72.745 DM, eine hierauf entfallende Umsatzsteuer (14 %) in Höhe von 10.184,30 DM und Vorsteuerbeträge in Höhe von 77.126,08 DM. Daraus ergab sich eine Umsatzsteuer in Höhe von ./. 66.941,78 DM. Der Beklagte stimmte dieser Steueranmeldung ebenfalls nicht zu.

Schon vor Abgabe der Umsatzsteuererklärungen hatte bei dem Kläger auf der Basis der Umsatzsteuer-Voranmeldungen eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum September 1991 bis Mai 1992 stattgefunden. Dabei kam der Prüfer zu dem Ergebnis, Umsätze aus einzelnen Bauvorhaben seien – anders als vom Kläger erklärt – nicht vor Konkurseröffnung erzielt worden, sondern erst nach Konkurseröffnung. Die Umsatzsteuer aus diesen Bauvorhaben sei deshalb als Masseschuld anzusehen, die gegenüber dem Kläger festzusetzen sei, soweit es sich nicht um Kundenanzahlungen gehandelt habe, die bereits vor Konkurs vereinnahmt worden seien.

Aufgrund der Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 13. September 1995 die Umsatzsteuer für 1991 auf 57.139 DM fest und für 1992 auf ./. 5.737 DM.

Teilweise wurde dabei Übereinstimmung über die Abweichung von den Steuererklärungen erzielt. Streitig blieb jedoch, wann folgende Bauvorhaben fertiggestellt wurden:

Bauvorhaben A

Die Gemeinschuldnerin schloss am 22. Dezember 1989 mit dem Bauherrn einen Werkvertrag über den Bau eines Einfamilienhauses mit Garage zum Preis von 380.000 DM. Nach § 3 des Werkvertrages waren 10 % des Werklohnes bis zur Erteilung der Baugenehmigung zu entrichten, die übrigen 90 % in Teilbeträgen nach dem im Einzelnen beschriebenen Baufortschritt, wobei die vorletzte Zahlung in Höhe 5 % (17.100 DM) bei Bezugsfertigkeit und die letzte Zahlung von ebenfalls 5 % nach vollständiger Fertigstellung erbracht werden sollte. Als Ferti...

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