Wertschöpfung ist ein inhaltlich und zeitlich in verschiedene Phasen gegliederter Prozess. Er umfasst die strategiegerechte Entwicklung von Potenzialen in allen genutzten Vermögensarten ebenso wie die Nutzung dieser Potenziale in den Geschäftsprozessen des Unternehmens als auch die Umwandlung der dabei erreichten Erfolge in reale Zahlungsströme (Liquidität). Dabei besteht zwar ein Zusammenhang zwischen der Komplexität des Geschäftsmodells und der Dauer des Prozesses vom Potenzial zum Zahlungsstrom, doch auch einfache Geschäftsmodelle benötigen zunächst stets einen Vorlauf für den Aufbau von Potenzialen in den Vermögensarten.

Die gegenwärtigen Rechnungslegungsvorschriften spiegeln diese zeitbezogene Wechselwirkung und deren Steuerungsnotwendigkeit unzureichend wider. Sie stellen historisch gewachsene und gesetzlich fixierte Kompromisse in Form einer eindimensionalen Stichtagsbetrachtung zwischen divergierenden Abbildungszwecken – Ausschüttungs- und Steuerbemessung, Dokumentation sowie Information – und hinsichtlich der Fokussierung verschiedener Adressatengruppen dar.

Mehrspaltenabschluss wagen

Die daraus resultierenden Darstellungsmängel durch die eingeschränkte Berichterstattung über die Vermögensarten einerseits und die fehlende direkte Abbildung des Wertentstehungsprozesses andererseits können durch einen zeitlich differenzierten Mehrspaltenabschluss[1] gemindert werden, um die Wertschöpfung über die Zeit zielgerichteter planen und steuern zu können. Dies bedingt eine Abkehr von der eindimensionalen Darstellung der Bilanz und GuV (bzw. Gesamtergebnisrechnung) hin zu einer Mehrspaltendarstellung des Abschlusses (vgl. Abb. 10).

Abb. 10: Mehrspaltenabschluss – Erfolg der Wertschöpfung über die Zeit darstellen

Das Basiskonzept des Mehrspalten-Abschlusses stellt die gesetzlich geforderte Handelsbilanz in den Kontext der operativen und strategischen Unternehmensziele, um die Wertschöpfung über die Zeit darzustellen. In operativer Hinsicht streben Unternehmen nach Liquiditätserhaltung und Periodenerfolg. In strategischer Hinsicht verdrängt das Ziel der Schaffung und Erhaltung von Erfolgspotentialen die Orientierung am Periodenerfolg. Hieraus resultieren zunächst drei voneinander zu trennende Rechnungszwecke: (1) operative Liquidität (darzustellen in Spalte 1), (2) operativer bilanzieller Periodenerfolg (darzustellen in den Spalten 2 und 3) und (3) strategisches Erfolgspotential (Spalte 4).

Traditionelle Abbildung mit Potenzialentwicklung verbinden

Bei den Spalten 1 bis 3 geht es primär um eine andere, besser strukturierte Darstellung von ganz überwiegend bereits jetzt verpflichtend anzugebenden Informationen. Dies unterscheidet sie von der Spalte 4, die unternehmensindividuell ohne gesetzliche Vorgaben zu entwickeln ist und dem Ziel dient, die Potenziale angebunden an die Denkstruktur von Bilanz und GuV aufzuzeigen. Die Spalte 4 stellt daher eher eine Dokumentation als einem Abschluss im Sinne der doppelten Buchführung dar. Seine Darstellungsstruktur ist jedoch der Abschluss-Struktur in den Spalten 1 bis 3 angepasst, sodass die Wertschöpfung über die Zeit in vergleichbarer Weise nachvollzogen werden kann.

[1] Vgl. ICV, 2011.

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