Leitsatz

1. Werbungskosten setzen eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Eine endgültige Belastung verlangt der Werbungskostenbegriff hingegen nicht. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen.

2. Leistungen aus einem Stipendium führen zu Arbeitslohn, wenn das Stipendium dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen dient.

3. Zwischen steuerfreien Stipendienleistungen und beruflich veranlassten (Fort-)Bildungsaufwendungen besteht ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. von § 3c Abs. 1 EStG, wenn das Stipendium dazu dient, die beruflich veranlassten Aufwendungen auszugleichen oder zu erstatten.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 44, § 3c Abs. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 3 Nr. 5, Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin absolvierte nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Zweiten juristischen Staatsprüfung 2013/2014 ein neunmonatiges Masterstudium (LL.M.) in den USA. Hierfür erhielt sie ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes e.V. (DAAD) i.H.v. 1.000 EUR monatlich für Lebenshaltungskosten. Zudem übernahm der DAAD einen Teil der Reisekosten, die Studiengebühren sowie Beiträge für eine Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung.

In ihren ESt-Erklärungen und in den Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre (2013 und 2014) machte die Klägerin Aufwendungen für das Masterstudium als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das FA erkannte die Aufwendungen mit Ausnahme der geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge als (vorweggenommene) Werbungskosten an, zog hiervon jedoch die in den Streitjahren geleiteten Zahlungen des DAAD ab. Die festgesetzte ESt für die Streitjahre betrug jeweils 0 EUR. Außerdem stellte das FA auf den 31.12.2013 sowie den 31.12.2014 einen verbleibenden Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 EStG gesondert fest.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG München, Urteil vom 16.6.2020, 5 K 1936/19, Haufe-Index 14045014, EFG 2020, 1750).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen. Denn das FG habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keine höheren Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen könne, als sie das FA bei den ESt-Festsetzungen für die Streitjahre bereits berücksichtigt habe.

 

Hinweis

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angefochtenen ESt-Bescheide zulässig ist, obwohl das FA die ESt für die Streitjahre auf jeweils 0 EUR festgesetzt hat. Die Klägerin ist ungeachtet der Nullfestsetzungen nach § 40 Abs. 2 FGOklagebefugt, weil die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG zu berücksichtigen sind.

2. Ebenfalls zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium in den USA dem Grunde nach als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) abziehbar sind. Insbesondere handelt es sich bei dem von der Klägerin absolvierten Masterstudiengang nicht um eine Erstausbildung i.S.v. § 9 Abs. 6 EStG in den in den Streitjahren geltenden Fassungen.

3. Gleichwohl hat die Vorinstanz der Klägerin im Ergebnis zu Recht den geltend gemachten weiteren Werbungskostenabzug versagt.

a) Zwar sind die Aufwendungen der Klägerin nicht bereits auf der Tatbestandsebene des Werbungskostenbegriffs im Wege einer Saldierung um die Zahlungen des DAAD aus dem Stipendium zu kürzen. Der Werbungskostenbegriff setzt entgegen der Auffassung des FG lediglich eine tatsächliche, nicht aber eine endgültige Belastung voraus.

b) Die Zahlungen des DAAD sind jedoch als Werbungskostenersatz zu beurteilen. Denn der DAAD hat der Klägerin die Leistungen ausweislich der Vergaberichtlinien mit Rücksicht auf die zukünftige berufliche Tätigkeit gewährt und einen Teil der beruflich veranlassten Aufwendungen für das Studium (Reisekosten, Studiengebühren, Mietaufwendungen wegen einer doppelten Haushaltsführung, Verpflegungsmehraufwendungen) übernommen.

c) Sie sind daher bei der Klägerin grundsätzlich als Einnahmen bei den Einkünften aus § 19 EStG zu erfassen. Denn der Rückfluss bzw. die Erstattung (der Ersatz) von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen – wie vorliegend – aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen führt nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der sie zuvor abgezogen worden sind (ständige Rechtsprechung z.B. BFH, Urteil vom 24.2.2015, VIII R 44/12, m. w. N, BFH/NV 2015, 1123).

4. Allerdings sind die hiernach gemäß § 19 EStG steuerbaren Leistungen des DAAD vorliegend nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei. Sie können daher den Abzug der geltend gem...

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