Leitsatz

Erfüllt die Beteiligung des Organträgers (Obergesellschaft) an einer Organgesellschaft (GmbH) die Voraussetzungen, die an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II des Organträgers bei einer Unterpersonengesellschaft zu stellen sind, so liegt die Annahme nahe, dass für die Zeit des Bestehens der Organschaft die Erfassung der aus der Beteiligung herrührenden Einnahmen (Betriebsergebnisse der Organgesellschaft) bei der Untergesellschaft auszusetzen ist. Die Eigenschaft des Anteils an der Organgesellschaft als Sonderbetriebsvermögen der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft kommt jedenfalls dann wieder zum Tragen, wenn die Organschaft beendet oder der Anteil veräußert wird.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG , § 16 EStG , § 14 Nr. 2 KStG , § 42 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin war im Rahmen einer Mehrmütterorganschaft gemeinsam mit einer AG Organträgerin einer GmbH. Die Klägerin und die AG waren außerdem je zur Hälfte an einer KG beteiligt. Mit Vertrag von Juni 1985 brachte die Klägerin ihre Beteiligung an der GmbH in die KG ein. Ein Jahr später veräußerte sie ihren KG-Anteil an die AG. Der Gewinn wurde als tarifbegünstigt festgestellt.

Die Einbringung des GmbH-Anteils war zum Buchwert vorgenommen worden. Dies beanstandete das FA nach einer Außenprüfung. Es hielt die Buchwerteinbringung für einen Gestaltungsmissbrauch, weil letztlich die Veräußerung des GmbH-Anteils an die AG das Gestaltungsziel gewesen sei. Dieser Vorgang wäre nicht tarifbegünstigt gewesen.

Das FG teilte die Auffassung des FA.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der Klägerin statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Es müsse noch geprüft werden, ob die GmbH-Anteile – wie von der Klägerin geltend gemacht – Sonderbetriebsvermögen bei der KG gewesen seien. Dies sei entgegen der Auffassung des FG möglich.

Es könne dahinstehen, ob während Bestehens der Organschaft die Beteiligung vorrangig als Betriebsvermögen der Klägerin hätte bilanziert werden müssen oder die Bilanzierung als Sonderbetriebsvermögen Vorrang gehabt hätte. Denn entweder wäre die Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen bei Beendigung der Organschaft wieder zum Vorschein gekommen und hätte bewirkt, dass ein Gewinn aus der Übertragung des Anteils im Sonderbetriebsvermögen entstanden wäre. Oder der Gewinn wäre unmittelbar als Gewinn des Organträgers bei der Personengesellschaft entstanden, weil die Veräußerung der Organbeteiligung nicht zu einem auszuschüttenden Gewinn der Organgesellschaft, sondern zu einem originären Gewinn des Organträgers führe.

Wenn die Beteiligung Sonderbetriebsvermögen gewesen wäre, hätte die Klägerin von dem ihr seinerzeit nach dem Mitunternehmererlass zustehenden Wahlrecht Gebrauch machen können, das Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens zum Buchwert in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft zu überführen. So sei die Klägerin auch tatsächlich verfahren.

Ein Gestaltungsmissbrauch liege nicht vor. Denn selbst wenn die Klägerin den Anteil an der KG unmittelbar an die AG veräußert hätte, hätte die GmbH-Beteiligung mit übertragen werden müssen, um eine Tarifbegünstigung für den Veräußerungsgewinn zu erhalten. Diese hätte dann auch den Gewinn in den GmbH-Anteilen mit erfasst.

Nicht ausgeschlossen und noch vom FG zu prüfen sei aber, ob die Buchwertübertragung nach dem Mitunternehmererlass anzuerkennen sei, wenn der Mitunternehmeranteil aufgrund einheitlicher Planung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Übertragung veräußert werde. Auf die Unschädlichkeit des Ausscheidens eines Gesellschafters, der einen Mitunternehmeranteil zum Buchwert nach § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft eingebracht habe, könne sich die Klägerin insoweit nicht berufen.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung betrifft in erster Linie die bisher noch nicht von der Rechtsprechung entschiedene Frage, wie eine Bilanzierungskonkurrenz im Fall einer Organschaft zu lösen ist.

Die Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft war jedenfalls nach alter Fassung des § 14 KStG notwendiges Betriebsvermögen des Organträgers. Denn wegen der seinerzeit erforderlichen wirtschaftlichen Eingliederung musste die Organgesellschaft dem eigenen Betrieb der Organträgerin dienen. Beachten Sie, dass das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung seit 2001 entfallen ist. Gleichwohl wird die Beteiligung häufig die Voraussetzungen für notwendiges Betriebsvermögen erfüllen.

Im Besprechungsfall erfüllte die Beteiligung nach Meinung des BFH möglicherweise zugleich die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen der Organträgerin bei einer Personengesellschaft. Dies wirft die Frage auf, wie die Bilanzierungskonkurrenz zwischen Betriebsvermögen des Organträgers und Sonderbetriebsvermögen zu lösen ist. Der BFH entscheidet die Frage hier nicht, lässt aber Sympathie für eine vorrangige Bilanzierung beim Organträger erkennen. Dies würde eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz bedeuten, dass Sonderbetriebsvermögen Vorrang vor Einzelbetriebsvermögen hat. Die Abweichung ließe sich aber mit dem Ergebn...

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