9.1 Übergangszeit

Ein Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen 2 Ausbildungsabschnitten befindet, ist beim Kindergeld zu berücksichtigen.

Als Übergangszeit gelten nicht zu vermeidende Zwangspausen, z. B.

  • zwischen dem Ende der Schulausbildung und dem Beginn eines Studiums,
  • zwischen dem Abschluss der Erstausbildung und dem Beginn einer Zweitausbildung,
  • zwischen dem Zeitpunkt des Verlusts des Ausbildungsplatzes und dem Beginn der neuen Ausbildung,
  • zwischen dem Zeitpunkt des Abbruchs der Ausbildung und dem Beginn der neuen Ausbildung.

Nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b EStG sind von Gesetzes wegen auch Kinder in einer Übergangszeit (Zwangspause) zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung

  • des freiwilligen Wehrdienstes (ab 1.1.2015) oder
  • eines geregelten Freiwilligendienstes i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG (z. B. eines freiwilligen sozialen Jahres, eines freiwilligen ökologischen Jahres oder eines Freiwilligendienstes der EU (Programm "Erasmus+"), eines anderen Dienstes im Ausland, eines entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes "weltwärts", eines Freiwilligendienstes ­aller Generationen oder eines Internationalen Jugendfreiwilligendienstes oder des Bundesfreiwilligendienstes)[2]

zu berücksichtigen.[3]

Als gesetzlicher Wehr- bzw. Zivildienst gilt auch

  • ein freiwilliger zusätzlicher Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst,
  • ein freiwilliger zusätzlicher Zivildienst sowie
  • ein freiwilliger zusätzlicher Wehrdienst.[4]

Für die Einhaltung der 4-Monatsfrist reicht es nach Auffassung der Verwaltung aus, wenn das Kind den 2. Ausbildungsabschnitt in dem Monat nach Ablauf des 4. vollen Kalendermonats ohne Ausbildung tatsächlich beginnt.

Die 4-Monatsfrist ist nicht taggenau zu berechnen[5], sondern umfasst 4 volle Kalendermonate.[6]

Die Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten ist der Zeitraum, in dem sich das Kind nicht in Ausbildung befindet. Die Übergangszeit ist daher von der Unterbrechungszeit (z. B. wegen Krankheit oder Mutterschutz) zu unterscheiden, in der die Berufsausbildung lediglich ruht.

 
Praxis-Beispiel

Schulabschluss und Bundesfreiwilligendienst

Jürgen (19 Jahre) beendet im März 2023 seine Schulausbildung. Ab 1.8.2023 leistet er den Bundesfreiwilligendienst.

In welchem Umfang ist Jürgen als Kind zu berücksichtigen?

Lösung:

Die Pause nach dem Ende eines Ausbildungsabschnitts (= Schulausbildung) und vor Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes gilt als Übergangszeit. Die Übergangszeit mit vollen Kalendermonaten ohne Berufsausbildung dauert von April bis einschließlich Juli. Sie beträgt genau 4 Kalendermonate und übersteigt damit 4 Kalendermonate nicht.

Demzufolge wird Jürgen sowohl von Januar bis März wegen Berufsausbildung als auch in der Übergangszeit von April bis Juli als Kind berücksichtigt. Ab August wird er wegen der Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes berücksichtigt.

[1] DA A 16 DA-KG 2023; H 32.6 EStH 2022.
[2] DA A 18.1 Abs. 1 DA-KG 2023.
[3] DA A 16 Abs. 1 Satz 1 DA-KG 2023.
[4] DA A 16 Abs. 1 Satz 2 DA-KG 2023.
[5] DA A 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 DA-KG 2023.

9.2 Besonderheit bei der Frist

 
Wichtig

2 Kalenderjahre betroffen

Die 4-Monatsfrist der Übergangszeit kann in 2 Kalenderjahre fallen.

Beginn auch vor Vollendung des 18. Lebensjahres

Die Übergangszeit beginnt mit Abschluss des unmittelbar vorangegangenen Ausbildungsabschnitts oder Dienstes, auch wenn das Kind zu diesem Zeitpunkt das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.[1]

 
Praxis-Beispiel

Einhaltung der 4-Monatsfrist

Sven (19 Jahre) bricht seine Berufsausbildung zum Dekorateur am 11.5.2023 ab. Am 1.9.2023 beginnt er eine neue Berufsausbildung zum Kfz-Mechatroniker. In der Zwischenzeit übt er Aushilfstätigkeiten mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden aus.

Ist die 4-Monatsfrist der Übergangszeit eingehalten?

Lösung:

Die Übergangszeit darf 4 volle Kalendermonate ohne Berufsausbildung nicht überschreiten. Sven befindet sich im Monat Mai noch mindestens einen Tag in Berufsausbildung und im September wieder mindestens 1 Tag in Berufsausbildung. Die vollen Kalendermonate ohne Berufsausbildung sind danach Juni bis August . Dies sind nicht mehr als 4 Kalendermonate.

Sven ist daher in den Monaten Juni bis August 2023 wegen der Übergangszeit auch zu berücksichtigen.

Eine Übergangszeit kann nicht dadurch begründet werden, dass sich ein Kind um eine Ausbildung bemüht und diese erst nach der Übergangszeit beginnt.[2]

Eine Übergangszeit liegt auch nicht vor, wenn das Kind einen Ausbildungsabschnitt beendet und sich danach wegen Kindesbetreuung nicht um einen Anschluss-Ausbildungsplatz bemüht.[3]

Der Tatbestand des Ausbildungsabschnitts ist nur erfüllt – und damit liegt nur eine Übergangszeit vor –, wenn der Zivildienst eine Ausbildung des volljährigen Kindes unterbricht oder das Kind bei abgeschlossener Ausbildung nach dem Zivildienst eine weitere Berufsausbildung aufnimmt. Ist das Kind nach dem vorhergehenden Ausbildungsabschni...

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