Leitsatz (amtlich)

1. Auch in § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG ist die Höhe der Versandkosten (bei einem angebotenen Versand in das Ausland) dann nicht anzugeben, wenn diese Kosten - wie nunmehr in § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB ausdrücklich geregelt - "vernünftigerweise" im Voraus nicht berechnet werden können.

2. Jedenfalls die Höhe der Versandkosten in die Länder der Europäischen Union wird regelmäßig ohne unzumutbaren Aufwand im Voraus berechnet werden können.

3. Angesichts der Begrenzung der Informationspflichten hinsichtlich der Höhe der Versandkosten auf das Zumutbare bedarf es keines Rückgriffs mehr auf die Bagatellklausel des § 3 Abs. 2 UWG (anders noch Senat, GRUR-RR 2008,23 und GRUR-RR 2010,440 zu § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 PAngV aF).

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11, § 5a Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 2 S. 1; PAngV § 1 Abs. 2 S. 2; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 27.08.2015; Aktenzeichen 101 O 85/15)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 101 des LG Berlin vom 27.8.2015 - 101 O 85/15 - teilweise geändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform eBay betreffend Accessoires und/oder Textilien und/oder Schmuck und/oder Schuhe Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, bei denen bezüglich der Auslandsversandkosten wie folgt informiert wird: "Versand Europa/Welt auf Anfrage", wenn dies geschieht wie im angefochtenen landgerichtlichen Beschluss in seiner Beschlussformel (Umdruck Seite 3 bis Seite 6) wiedergegeben.

2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Antragsgegnerin zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin in deren (in der landgerichtlichen Beschlussformel dargestellten) Internet-Auftritt für die genannten Produkte in der angegebenen Weise (insbesondere mit den Hinweisen "Verkauf nach Europa, Vereinigte Staaten von Amerika, Japan, Kanada, Australien" sowie "Der Versand innerhalb Deutschlands kostet hier nur 4,90 EUR... Versand Europa/Welt auf Anfrage") geworben hat.

II. Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet, §§ 935, 940 ZPO.

Hinsichtlich der konkreten Verletzungsform steht dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auch wegen einer fehlenden Angabe der Höhe der Versandkosten (jedenfalls außerhalb Deutschlands in die Länder der Europäischen Union) ein Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV, aus § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB, § 312j Abs. 2 BGB sowie aus § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG (jeweils in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1 UWG) zu.

1. Gemäß § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG sind bei Warenangeboten u.a. die anfallenden Lieferkosten anzugeben und - in Fällen, in denen diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können - die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.

§ 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV (in der ab dem 13.6.2014 gültigen Fassung) und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB konkretisieren dieses Informationsgebot für entgeltliche Angebote gegenüber Verbrauchern im Fernabsatz bzw. im elektronischen Geschäftsverkehr dahin, dass u.a. anfallende Lieferkosten mitzuteilen sind und - in Fällen, in denen diese Kosten "vernünftigerweise" nicht im Voraus berechnet werden können - die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.

Danach ist die jeweilige Höhe der Lieferkosten anzugeben, es sei denn, diese Kosten können vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden (dann genügt eine Information über die Tatsache, dass diese zusätzlichen Kosten anfallen können). Wenn die Höhe der Lieferkosten nach § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB nur anzugeben ist, soweit diese Kosten "vernünftigerweise" im Voraus berechnet werden können, bedeutet dies gegenüber dem aus § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG folgenden Informationsgebot keine Einschränkung, sondern nur eine Konkretisierung. Denn auch § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG verzichtet auf eine Angabe der Höhe der Lieferkosten nicht erst dann, wenn nur technisch eine Berechnung im Voraus nicht möglich ist. Dies folgt schon (richtlinienkonform, vergleiche BGH, GRUR 2014, 1208 TZ 14f - Preis zuzüglich Überführung) daraus, dass diese Vorschrift Art. 7 Abs. 4 lit. c der UPG-Richtlinie 2005/29/EG umsetzt. Gemäß dieser Richtlinie ist ebenfalls ausnahmsweise die Höhe der Lieferkosten nicht anzugeben, wenn diese Kosten "vernünftigerweise" nicht im Voraus berechnet werden können.

2. Die Antragsgegnerin bietet über eBay die genannten Produkte mit ein...

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