Bilanzsumme

Ausgleich von Saisonalität

In Deutschland und Österreich sind abweichende Geschäftsjahre handels- und steuerrechtlich möglich. Der Bilanzstichtag wird dabei so gewählt, dass er in die "ruhige" Zeit der Branche fällt. Dies hat historische Ursachen: Früher war eine permanente Inventur nicht üblich bzw. zulässig, deshalb hat man den Inventurzeitpunkt so gewählt, dass möglichst wenig zu zählen oder zu wiegen war. In saisonabhängigen Branchen (z. B. Zucker) ist der Finanzierungsbedarf für Vorräte daher viel größer, als aus dem Vorratsstand der Schlussbilanz sichtbar wird. Da dies auch für die Vorjahresbilanz gilt, hilft auch der Durchschnitt zweier Bilanzen nicht weiter. Ohne verlässliche Angaben zum tatsächlichen Finanzmittelbedarf kann man keine sinnvollen Korrekturen durchführen, sollte sich aber der eingeschränkten Aussagekraft der Analyse bewusst sein. Wenn man die nötigen Angaben erhält, ermittelt man den Durchschnitt aus Saisonspitze und Bilanzstichtag, was zu einer Erhöhung der Vorratspositionen (und damit zu einer Verschlechterung der meisten Kennzahlen) führt.

Anlagevermögen

Korrektur stiller Reserven

Korrekturen des Anlagevermögens sind notwendig aufgrund glaubhafter stiller Reserven. Dies trifft vor allem auf Unternehmen zu, die Grundstücke aus der Jahrzehnte alten Eröffnungsbilanz in ihrem Abschluss stehen haben, oder bei Wirtschaftsgütern, die einen erheblich größeren Verkehrswert als Buchwert haben. Andererseits können auch Abwertungen nötig sein, wenn das gemilderte Niederstwertprinzip zu optimistisch angewandt worden ist, also von der Möglichkeit einer Teilwertabschreibung nicht oder nur unzulänglich Gebrauch gemacht worden ist. In einer externen Analyse sind hier nur Schätzungen möglich, falls man Zugang zu Jahresabschlüssen über einen längeren Zeitraum hat.

Umlaufvermögen

Vorsicht bei Ersatzteillagern

Für Vorräte gilt zwar das strenge Niederstwertprinzip, aber manchmal sind Marktpreise nur schwer zu ermitteln. So stehen oft Lagerbestände an Ersatzteilen für Geräte, die gar nicht mehr produziert werden, unverändert in der Bilanz. Durchaus möglich, dass der Eigentümer nachweisen kann, dass er solche Ersatzteile – oft noch mit erheblichem Aufschlag – verkaufen kann. Vor allem bei schlechten Umschlagswerten sollte aber doch eine Korrektur vorgenommen werden. Andererseits können Vorräte auch zu niedrig bewertet sein, z. B. bei spekulativen Rohstoffkäufen.

Pauschalwertberichtigung bei Forderungen

Auch bei Forderungen kann eine Ab- oder Aufwertung nötig sein, allerdings ist dies nur durch Detailprüfung der einzelnen Positionen möglich. Wo man diese Informationen nicht hat, kann eine Pauschalkorrektur aufgrund von Erfahrungswerten der Branche getätigt werden, die aber, wie alle Pauschalwertberichtigungen, mit Vorsicht zu interpretieren ist.

Liquide Mittel (Kassa, Bankguthaben, Wertpapiere des Umlaufvermögens) sind hingegen, abgesehen von Betrugsfällen, werthaltig.

Verbindlichkeiten und Rückstellungen:

Größte Unsicherheit bei Passiva

Diese Positionen sind bei Wirtschaftsprüfern gefürchtet. Die Aktiva kann man prüfen, doch woher soll man wissen, dass wirklich alle Verbindlichkeiten (und vor allem alle Rückstellungen für drohende Verluste) aufgenommen worden sind? Der Geschäftsführer oder Vorstand hat natürlich eine Vollständigkeitserklärung unterschrieben, doch der Wert dieser Erklärung hängt von seiner Seriosität ab. Jeder, der einen Jahresabschluss analysiert, hat weniger Zugang zu Informationen über das Unternehmen als der Wirtschaftsprüfer, dementsprechend ungewiss ist die Richtigkeit von Kennzahlen, in die diese Positionen direkt oder indirekt eingehen.

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