Leitsatz

Die Zahlung eines sog. KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten, sondern dezentral verbrauchten Strom gemäß § 4 Abs. 3a KWKG 2009 führt nicht zu einer Lieferung i.S. von § 3 Abs. 1 UStG.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 UStG, Art. 14 Abs. 2 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 4 Abs. 3a KWKG 2009

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist u.a. Netzbetreiberin. An ihr Netz ist u.a. eine Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Anlage des Wasserverbands V angeschlossen, der den erzeugten Strom nicht in das Netz der Klägerin einspeist, sondern (nahezu) ausschließlich selbst, d.h. dezentral, verbraucht. Gemäß § 4 Abs. 3a KWKG i.d.F. vom 25.10.2008 (BGBl I 2008, 2101) musste die Klägerin einen Zuschlag auch für den Strom bezahlen, der aufgrund des dezentralen Verbrauchs tatsächlich nicht in ein Netz eingespeist wurde. Hierfür erteilte die Klägerin nur Abrechnungen über die Zahlung des Zuschlags (ohne USt).

Das FA vertrat nach einer Außenprüfung die Auffassung, dass nach Abschn. 2.5 UStAE fingiert werde, dass der gesamte von der KWK-Anlage erzeugte Strom zunächst von V in das öffentliche Stromnetz eingespeist und dann der von V selbst verbrauchte Strom von der Klägerin an V wieder zurückgeliefert werde.

Während der Außenprüfung erteilte die Klägerin V im Dezember 2014 nachträglich Rechnungen und Gutschriften über die fiktiven Hin- und Rücklieferungen.

Das FG (FG Köln, Urteil vom 16.6.2021, 9 K 1260/19, Haufe-Index 14709727, EFG 2021, 1943) gab der Klage statt. Das FA sei zu Unrecht hinsichtlich des dezentral von V verbrauchten Stroms von einer Lieferung oder sonstigen Leistung der Klägerin an V ausgegangen.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück, weil die Klägerin keine steuerpflichtige Leistung an V erbracht habe. Die Erteilung von Rechnungen im Jahr 2014 könne keine Steuerschuld nach § 14c UStG im Streitjahr (2010) begründen.

 

Hinweis

1. Bei Photovoltaik-Anlagen fingiert die Finanzverwaltung teilweise eine Hin- und Rücklieferung des selbst verbrauchten Stroms (z.B. Abschn. 2.5 Abs. 2 und 6 UStAE). Erreicht werden soll mit dieser Fiktion, dass Vergütungen nach § 8 EEG a.F., die für den selbst verbrauchten Strom gezahlt werden, zum Entgelt für steuerpflichtige Stromlieferungen werden.

2. Eine vergleichbare Problematik bestand aber teilweise auch bei Blockheizkraftwerken. Die Finanzverwaltung wollte aus denselben Gründen auch hier eine fiktive Hin- und Rücklieferung des selbst verbrauchten Stroms konstruieren, obwohl dieser nicht in das Netz eingespeist worden war. Dem hat der BFH mit dem Besprechungsurteil eine Absage erteilt. Er sieht für diese Fiktion keine Rechtsgrundlage. Soweit der KWK-Bonus zusätzliches Entgelt für die Lieferung von Strom ist (BFH, Urteil vom 31.5.2017, XI R 2/14, BFH/NV 2017, 1393, BStBl II 2017, 1024; BFH, EuGH-Vorlage vom 22.11.2022, XI R 17/20, BFH/NV 2023, 686), gilt dies nur für tatsächlich eingespeisten Strom.

Zur Unternehmereigenschaft und zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Betreibers eines "hoheitlichen" BHKW konnte der BFH leider keine Stellung nehmen. Siehe dazu daher das Revisionsverfahren V R 22/21.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.11.2022 – XI R 18/21

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